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/ Wort zum Tag

In meiner Demut lasse ich mich von niemandem übertreffen

Jürgen Werth über 1. Petrus 5,5.

Das Wort hat es nicht leicht: Demut. Es ist in Verruf geraten und wird in vielen augenzwinkernden Sprüchen karikiert. „In meiner Demut lasse ich mich von niemandem übertreffen.“ Oder: „Ich schreibe gerade an einem neuen Buch über die demütigsten Männer der Bibel - und was sie von mir lernen können.“ Frech sind diese Sprüche. Und allzu oft leider allzu berechtigt. Da gibt sich einer bescheiden und demütig und will damit doch nur ganz und gar unbescheiden vor den anderen glänzen. Demut verkommt zur frommen Verkleidung. Demut lächelt außen, Hochmut grinst innen.

Hat am Ende Petrus gar dazu aufgerufen? „Alle miteinander bekleidet euch mit Demut“, schreibt er in seinem ersten Brief, Kapitel 5, Vers 5. Sich mit Demut bekleiden? Demut überwerfen wie einen Regenmantel? Und darunter bleibt alles, wie es ist? Bleiben wir, wie wir sind? Selbstherrliche Angeber? Viel Schein, wenig Sein?

O nein, wir würden Petrus arg missverstehen. Sein Satz steht in einer Liste von Mahnungen an die Ältesten und die anderen Mitglieder der christlichen Gemeinde. Die Ältesten zum Beispiel sollen die Gemeinde weiden „nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund“. Also mit Innen und Außen. Authentisch. Und die Jüngeren, um die es danach geht, sollen sich den Ältesten unterordnen, weil Gott „den Hochmütigen widersteht, aber den Demütigen Gnade gibt.“ Sich mit Demut bekleiden heißt hier also: Zieht an, was eurem innersten Wesen entspricht.

Überhaupt geht es ihm nicht nur darum, sich Menschen unterzuordnen, sondern Gott. Demütig sein vor ihm. Seiner gewaltigen Hand sollen sich die Christen, die diesen Petrus-Brief bekommen, unterordnen.

Demut heißt also: Sich unterordnen. Unter Gott. Und da, wo es geboten ist, auch Menschen.

Zugegeben, beides fällt uns Heutigen nicht allzu leicht. Wir leben in einer Zeit, in der sich scheinbar niemand mehr einem anderen unterordnen mag, in der es Autoritäten überall schwer haben. Politiker, Polizisten, Feuerwehrleute, Kirchenleute - sie alle bekommen immer wieder zu hören und zu spüren: Von euch lassen wir uns überhaupt nichts mehr sagen! Und wir erleben, wie eine jahrhundertealte Ordnung ins Wanken gerät. Jeder meint, sagen und tun zu können, was seinem eigenen Nutzen dient. Und unsere Gesellschaftsordnung droht zu zerbrechen.

Sich einordnen. Sich anderen unterordnen. Einander dienen. Im Betriebsmanagement hat man das schon lange als wichtige Regel fürs Zusammenleben erkannt. „Servant leadership“ nennt man das hier. Dienende Leiterschaft. Ich diene den anderen und sie dienen mir. Die Chefs den Mitarbeitern, die Mitarbeiter den Chefs, der Betrieb seinen Kunden und Lieferanten. Weil ja jeder gleichzeitig Kunde und Lieferant ist. Was das heißt, hat mir Heinz-Horst Deichmann, der erfolgreiche Schuhhändler, vor Jahren in einem Interview so gesagt: „Wir sollen es so machen wie Schuhverkäufer. Die knien vor ihren Kunden.“

Die Aufforderung von Petrus ist somit ausgesprochen zeitgemäß. Einander dienen. Anerkennen, dass der andere eine andere Rolle hat. Andere Kompetenzen. Ihm zuhören, ihn ernst nehmen, ihm Gutes ermöglichen. Und umgekehrt erwarten können, dass er sich mir unterordnet, wo ich die Verantwortung trage, mehr Know-How habe. Im Betrieb, in der Gesellschaft, in der Gemeinde.

Demut anziehen. Oder besser noch sich reinziehen. Nicht demütig tun. Niemand wird ärmer dabei. Im Gegenteil: Wir profitieren voneinander. Und die Gesellschaft. Und die Welt.

Wie’s geht, hat Jesus gelebt. Er, der Herr, der Gottessohn und Menschensohn, hat seinen Jüngern die Füße gewaschen wie ein Hausangestellter.

Ich könnte es also auch anders sagen: Statt Demut anziehen - Jesus anziehen, ihn hineinlassen in unsere Gedanken und Gefühle, ihn hineinlassen ins Herz unseres Wesens, ins Herz unseres Zusammenlebens.

 

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Kommentare (2)

Andy C. /

Demütig sein.
Mein Ziel gewesen.
Mit dem guten Ziel.
Gott dienen.
Die Gemeindeleitung.
Hat mich angelogen.
Bin zu loyal gewesen.
Haben Sektenimage.
Bei Gemeindegeschädigten.
Die eigenen mehr

Ernst W. /

Der Begriff Demut ist ebenso falsch verstanden,
wie das Wort Liebe.
Für die meisten ist Liebe mit begehren, Lusterfüllung
verbunden statt mit belastbarer, tragfähiger Liebe.
De = sich selbst mehr