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/ Wort zum Tag

Ein Segen, der Zäune niederreißen könnte

Peter W. Henning über 4. Mose 6,26.

Der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

4. Mose 6,26

Unser Tageswort ist vielen von Ihnen bekannt, wird es doch häufig am Ende unserer Gottesdienste als Segensgruss gesprochen: «Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.»

Aber wissen Sie auch, dass diese Worte zum ältesten erhaltenen Text des hebräischen Alten Testaments gehören? Sie befinden sich auf zwei winzigen Schriftrollen aus fast reinem Silber. Diese wurden vor 40 Jahren bei archäologischen Grabungen unterhalb der südwestlichen Stadtmauer der Altstadt Jerusalems in einem Familiengrab gefunden. Es stammt aus der Zeit, als noch der erste salomonische Tempel stand. Die Silberrollen sind also 2600 Jahre alt und damit 400 Jahre älter als die ältesten Bibelhandschriften aus Qumran.

Es dauerte drei Jahre, bis der zerbrechliche Fund aufgerollt und die eingravierten Inschriften entziffert werden konnten.

Da lebte also gegen Ende des siebten Jahrhunderts vor Christus eine Familie in Judäa, die sich Gebetsriemen mit dem aaronitischen Segen in Silber leisten konnte. Sie wurden an einem Halsband getragen, im Leben wie im Tod.

Und dann wurde 587 vor Christus Jerusalem durch die Babylonier zerstört. Damit verschwand auch dieses Familiengrab im Hinnom-Tal unter Schutt und Asche.

Bei diesem beeindruckenden Fund spüre ich etwas von dem, was der Prophet Jesaja seinen Volksgenossen zuruft: «Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt. Aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit» (Jes.40,8). Und das wenige Jahre nach diesem tragischen Ende Judas mit der Deportation Tausender von Juden ins Exil nach Babylon!

Deshalb lassen sich Juden auch nach der zweiten Zerstörung Jerusalems durch die Römer in ihren Synagogen segnen. Sabbat für Sabbat werden diese uralten Worte rezitiert: «Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.»

Diesen dreigliedrigen Segen hat die christliche Kirche schon früh in ihre eigene Gottesdienstliturgie übernommen. Sie glaubte, dass sich hier schon der dreifaltige Gott angedeutet hat: Der behütende Segen des Schöpfers, die gnädige Rechtfertigung durch Jesus und der Friede in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Diesen dreifaltigen Segen übernimmt dann später der ehemalige Rabbi und Völkerapostel Paulus. Er grüsst die Gemeinde in Korinth am Ende seines zweiten Briefes mit den Worten: «Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!» (2. Kor.13,13)

Dieser alte aaronitische Segen verbindet also in geheimnisvoller Weise Woche für Woche Juden und Christen, Synagoge und Kirche, Israel und die christliche Ökumene – und das seit zwei tausend Jahren!

Und wo Juden und Christen in der Vergangenheit friedlich miteinander unterwegs waren, wurden Kultur und Gesellschaft unwahrscheinlich bereichert.

Umso tragischer, wie oft dieses Zusammenleben ausgerechnet im christlichen Europa dramatisch zerstört wurde durch rassistische Vorurteile, Diskriminierung, unbegreiflichen Hass, Vertreibung und Vernichtung.

Wo sich der Mensch autonom und arrogant für eine gottlose Politik und Kultur entscheidet, ist das Volk Gottes immer im Weg. Auch deshalb nimmt der Antisemitismus wieder erschreckend zu. Jetzt dürfen wir Christen nicht noch einmal vergessen, was der Jude und Jesusnachfolger Paulus so nachdrücklich betont:

«Christus Jesus ist unser FRIEDE, der aus beiden   e i n e s   gemacht hat. ER hat den Zaun der Feindschaft abgebrochen, der dazwischen war! ER hat beide versöhnt mit Gott und hat Frieden verkündigt.» (Eph.2,13-22)

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Anstoß

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Kommentare (3)

Kristian E. /

Diese Worte sind umso wichtiger hier in den USA!

Gerhild S. /

Lieber Herr Henning, dieser Beitrag hat mir sehr gut gefallen. Gottes herzliches Erbarmen und seine große Liebe wurden mir dadurch zur Stärkung für meine Seele. Auch ich wünsche Ihnen diesen göttlichen Segen für heute und immer. G. Städter

Pfr. I. R Dietrich T. /

Einfach super. Danke für die Info und guten geistlichen Worte. Umso schmerzlicher, dass unsere Landeskirchen keinen messianischen Juden auf den Kirchentagen eine Öffentlichkeit bietet. Ja, die mehr