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/ Wort zum Tag

Hochheben

Heinz-Werner Neudorfer über Lukas 1,46-47.

Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes.

Lukas 1,46–47

Immer noch auf der Suche nach dem richtigen Geschenk? Ein e-book vielleicht? Ist ja ein absoluter Renner. Nimmt keinen Platz weg im Regal. Andererseits: Auf dem Gabentisch fällt es gar nicht auf. Wenn ich ein Geschenk mache, möchte ich doch auch, dass es bemerkt wird!

So ist es doch, liebe Hörerin, lieber Hörer: Wenn wir wollen, dass etwas wahrgenommen wird, muss es möglichst groß sein. Genau das meint auch Maria, Jesu Mutter, wenn sie betet: „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes.“ Gott hochheben – wie die Fußballmannschaft ihren Trainer hochhebt. Wie der Skirennfahrer den Pokal hochhebt, damit ihn alle sehen können. Gott soll für alle wichtig werden – das ist es, was Maria will. „Meine Seele erhebt den Herrn.“

Ob sie wusste, was sie da tat? Gott bekanntmachen, der gerade dabei war, ihr Leben auf eine Spur zu bringen, auf der bestenfalls anzügliche Bemerkungen auf sie warteten? Und ein Gerichtsverfahren wegen vorehelicher Sexualkontakte? Das war mehr als nur peinlich. Damals war das lebensgefährlich. Und dann ein Kind, dessen Weg sie nur mit gebremster Begeisterung begleiten konnte? Dessen Tod am Ende ihr einen Stich ins Herz geben würde, den sie nie vergessen sollte? Das war alles andere als Mutterglück in bürgerlichem Milieu!

Nein, so detailliert konnte sich Maria ihre Zukunft nicht vorstellen. Aber sie muss geahnt haben, dass es nicht leicht werden würde. Denn – wer glaubte schon so „weltfremd“ an Gott, dass er ihr die Geschichte mit dem Kind, dessen Vater Gott selbst war, abnehmen würde?

Umso erstaunlicher, dass nicht Ablehnung und Anklage ihre Seele zum Überlaufen bringen, sondern eben Freude und der Wunsch Gott ganz groß zu machen. Alle sollen auf ihn sehen, nicht auf sie.

Es fällt mir nicht leicht, Marias Begeisterung über Gott zu meiner Begeisterung zu machen. Klar, ich lebe, wir leben in ganz anderen Verhältnissen. Niemand wird uns vor den Kadi zerren, bloß weil uns Gott so wichtig ist – jedenfalls noch nicht. Was hemmt uns dann, Gott mit unserem Verhalten und mit unseren Worten so groß zu machen, dass die Leute ihn bemerken, und das nicht nur zur Weihnachtszeit? Ich denke, wir können von Maria lernen:

Für sie war es nämlich keine Situation, die sie bewusst herbeigeführt hätte. Vielmehr kam das alles ungesucht von Gott her auf sie zu, als der Engel mit ihr redete. Da hat Maria vor Gott ihre „Befindlichkeit“, ihre Bedenken, ihre innere Abwehr zur Sprache gebracht. Sie hat sich von dem Engel überzeugen lassen. Am Ende konnte sie sich diesen Weg mit Gottes Hilfe vorstellen. Wir unseren Weg auch?

Zum andern hat Maria das Göttliche an Gott nicht in Zweifel gezogen – ob er das überhaupt „kann“, das mit der Jungfrauengeburt. Ihr Gebet zeigt: Sie hat Gott Gott sein lassen, für ihr kleines Leben und für die große Welt. „Gott Gott sein lassen“ bedeutet nichts anderes als ihm zu vertrauen, ihm zu glauben. Ja, es gibt viele Fragen, die von innen, aus unserem Verstand, und von außen, vom Geist unserer Zeit, auf uns einstürmen. Manche, nicht alle,  können wir zufriedenstellend beantworten. Einige bleiben als Störenfriede des Gottvertrauens. Am Ende entscheiden wir nicht mehr nüchtern nach Argumenten. Dann zählen die Erfahrungen, die wir mit Gott gemacht haben. Dann kommt es auf den Glauben an – wie bei Maria.

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Anstoß

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Kommentare (4)

Marlis R. /

Sehr geehrter Herr Pfarrer Dr. Neudorfer,
herzlichen Dank für die gute Andacht!
"Niemand wird uns vor den Kadi zerren, bloß weil uns Gott so wichtig ist – jedenfalls noch nicht."
Diese mehr

robert /

danke für diesen frischen trunk lebendigen wassers. das habe ich heute mittag gebraucht!

Schreiber /

Hallo Herr Dr. Neudorfer,
herzlichen Dank für Ihr "Wort zum Tag", dass mich sehr angesprochen hat.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes, glückliches Neues Jahr.
@ mehr

Roesger /

Guten Tag Herr Dr. Neudorfer,
der von Ihnen geschriebene Satz macht mich nachdenklich.
"Niemand wird uns vor den Kadi zerren, bloß weil uns Gott so wichtig ist – jedenfalls noch nicht." Dem mehr