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/ Wort zum Tag

Gnädig sein

Burkhard Theis über Jes. 30,18.

Der HERR harrt darauf, dass er euch gnädig sei.

Jesaja 30,18

Wie gut, wenn ich jemanden kenne, der nur darauf wartet mir gnädig zu sein. Der den Moment herbeisehnt, barmherzig, begnadigend mit mir umzugehen. So jemand wartet nicht darauf, dass ich endlich einen schwerwiegenden Fehler begehe, um mich dann zu strafen oder fertig machen zu können.

Gott erwartet in der historischen Situation damals, dass sein Volk keine falschen Bündnisse mit starken heidnischen Nachbarvölkern eingeht, sondern sich alleine auf sein Eingreifen verlässt. Das ist Vertrauenssache. Menschlich naheliegend wäre in einer bedrohlichen Situation alleine auf die menschlich gedachten Bündniskräfte zu vertrauen, das ist ja berechenbar, das kann man vertraglich regeln und absichern. Menschenbündnisse- na ja, die immer auch individuellen Interessenkonflikten unterliegen. Plötzlich sind andere Bündnisse vorteilhafter und der Bündnispartner will vom vertraglichen Bündnis mit dem ersten Bündnispartner nichts mehr wissen. Wenn mein eigener Vorteil auf dem Spiel steht, was interessieren mich meine Bündnisversprechen von gestern?

Gerade die biblischen Berichte um das Karfreitagseschehen herum belegen, wie wankelmütig und eigenen Interessen unterlegen, menschliche Versprechungen sind. Eine Menge Leute jubeln Jesus beim Einzug in Jerusalem zu! Und wenn er gefragt hätte: Wollt ihr voll und ganz auf meiner Seite sein? Ja, klar- hätten sie begeistert gerufen. Ein paar Stunden später aber skandieren sie wütend: Kreuzige ihn!

Und Petrus. Herr, sagt er, wenn dich auch die anderen verlassen, ich, ich, der Fels, ich werde standhalten! Ich werde dir beistehen bis in den Tod! Es hielt nicht lange, dieses Bundesversprechen. Der – ich nenne ihn mal - felsenhafte Jünger zerbröselt in der Gefahr und bei kritischer Nachfrage.

Der Herr wartet darauf, gnädig zu sein! Wann kann oder will der Herr gnädig sein? Ist der Herr es sozusagen automatisch und immer, weil es sein Amt ist; weil er gnädig sein muss? Weil das ja von ihm erwartet wird? Ist die Gnade des Herrn sozusagen also einklagbar? Stellen wir uns vor: Petrus baut sich nach seiner Verleugnung im Hof des Kaiphas später vor Jesus auf mit der Forderung: Lieber Jesus Christus, also du weißt ja, dass du mir gnädig sein musst, also her mit der Vergebung! Was wäre passiert? Hätte Jesus Christus ihn neu beauftragt, neu gesendet, ihm vergeben, ihn begnadigt? Nein, Petrus kam ganz anders zu Jesus Christus nach der Auferstehung. Oder noch klarer, Jesus ging ja auf ihn zu mit der Frage: „Hast du mich lieb?“ Der Herr geht den ersten Schritt, obwohl doch eigentlich Petrus diesen ersten Schritt zwecks Klärung und Vergebung hätte machen müssen! Der Herr eröffnet die Chance des Neuanfangs. Das entspricht der göttlichen Gnade. Jesus wartet darauf, endlich seinem Petrus vergeben zu können. Und der versteht die auf ihn wartende Gnade, in dem er offen und ehrlich mit seinem Versagen umgeht. „Herr, du weißt alle Dinge - auch um meine Angst und Feigheit- und du weißt, dass ich dich liebe!“

Der Herr wartet darauf, gnädig zu sein! Und um dann ganz viel Gutes zu tun. Das stellt der Prophet Jesaja seinem Volk vor. Und damit wird deutlich ein Bild von Gott ausgeprägt, das im Gleichnis vom Verlorenen Sohn so beeindruckend ist. Der wartende Vater sehnt sich nach der Umkehr und Rückkehr seines Sohnes. Um ihm endlich gnädig zu sein. Um ihn endlich zu umarmen. Um endlich mit ihm zu feiern. Aber nicht am Schweinetrog, sondern zu Hause, wo der Sohn hingehört. Der Vater läuft ihm entgegen. Zwei Bewegungen treffen sich. Die Gnade, die zur Umkehr leitet, und die Sehnsucht, wieder beim Vater zu sein.

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