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Horizonterweiterung

Bärbel Wilde über Epheser 3,18-19

Ihr könnt mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet, bis ihr die ganze Fülle Gottes erlangt habt.

Epheser 3,18–19

Nach einer Veranstaltung spreche ich mit einem jungen Mädchen über den Glauben an Jesus Christus. Nach einiger Zeit sagt sie: „Ich will nicht fromm werden, ich will erst etwas vom Leben haben.“

Menschen sehnen sich nach erfülltem Leben. Die meisten wollen aus dem Vollen schöpfen. Im Rückblick kommt häufig die Frage auf: Das soll alles gewesen sein? Geblieben ist das Gefühl der inneren Leere oder wie es ein älterer Schlagertext ausdrückt: „Schiffbruch in meiner Seele und mein Herz liegt auf dem Grund“.

Jesus hat zugesagt: „Ich aber bin gekommen, um ihnen Leben zu bringen – Leben in ganzer Fülle.“ (Joh 10,11). Die Wirklichkeit in den Gemeinden scheint anders zu sein. Es mangelt an Geld, es mangelt an Mitarbeitern, es mangelt an Liebe und an Geduld, es mangelt an Fortschritten im Glauben und es mangelt am Gebet. Paulus geht auf die Knie. Er betet darum, dass die Gemeinde in Ephesus die Liebe Christi erkennt, die alle Erkenntnis übertrifft. Sie soll eintauchen in die Fülle Gottes. Doch wie soll das gehen?

Wenn ich am Strand des Meeres stehe, sehe ich das Wasser. Ich spüre seine Wirkung. Es trägt mich, wenn ich hineingehe. Aber ich kann das Meer nicht überschauen. Mein Horizont, die Grenze meines Sehens, erscheint mir die Grenze des Meeres. Die Liebe von Jesus Christus ist wie das Meer. Sie ist unüberschaubar groß und dennoch persönlich erfahrbar. Sie hat ihren Mittelpunkt an seinem Kreuz. So sehr liebt er uns, dass er sein Leben für uns gab. Paulus wünscht sich, dass Christus durch den Glauben in den Herzen wohnt.

Ich stelle mir vor, ich bin ein Schwamm. Als Schwamm tauche ich in das Meer ein. Dann bin ich in der Fülle seiner Liebe und gleichzeitig strömt sie in mich hinein. Aber doch ist das Meer seiner Liebe von unermesslicher Weite. Das ist das Herrliche an der Liebe Gottes, dass sie keine Grenzen hat. Paulus spricht von einer Horizonterweiterung. Er wünscht sich, dass die Epheser die Breite, Länge, Tiefe und Höhe der Liebe Gottes erkennen. Wir werden Gott nie vollständig erfassen. Er ist immer größer als unsere Erkenntnis. Erkenntnis ist in der Bibel immer mehr als Logik und Wissen. Es geht darum, mit Leib, Seele und Verstand zu erleben, zu erfahren, zu wissen, wie sehr Christus uns liebt.

Christus kommt mit seinem Geist in mein Herz. Aber dabei bleibt es nicht. Er führt mich aus der Enge meines kleinen individuellen Denkens in seine Gemeinde. Dort kommen wir dem Geheimnis Christi auf die Spur. Das, was wir erkennen, verbindet sich mit dem, was andere Christen erkennen. Darum ist die Gemeinde, so unvollkommen sie auch sein mag, der beste Ort, um nach Gott zu suchen.

Martin Luther schreibt: „Gott ist nicht ein solches ausgerecktes, langes, breites, dickes, hohes oder tiefes Wesen, sondern ein übernatürliches, unerforschliches Wesen. Er ist zugleich ganz und gar in jedem kleinen Korn und dennoch in allen und über allen und außer allen Kreaturen.“ Und dann folgen die berühmten Worte: „Nichts ist so klein, Gott ist noch kleiner. Nichts ist so groß, Gott ist noch größer, nichts ist so kurz, Gott ist noch kürzer, nichts ist so lang, Gott ist noch länger. Nichts ist so breit, Gott ist noch breiter, nichts ist so schmal, Gott ist noch schmaler und so fort an. Es ist ein unaussprechliches Wesen, über und außer allem, das man nennen oder denken kann“ (WA 26, 339f.).

Wie sagte das junge Mädchen: „Ich will erst etwas vom Leben haben.“ Etwas vom Leben ist mir zu wenig. Das bisschen, das ich von der Liebe Jesu erfasst habe, hat mich erfasst. Wie töricht wäre es, seine Liebe nicht zu erwidern. Gott will uns das Beste geben, was es gibt. Nicht nur etwas vom Leben, sondern das Leben. Überfließendes Leben. Ich kann seine Liebe aufsaugen wie ein trockener Schwamm. Sie wird mich erfüllen und ich kann sie sogar an andere weitergeben.

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