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Gedanken zur Tageslosung

Dorothee Döbler über Klagelieder 3,24

Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen.

Klagelieder 3,24

Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen.

Im Internet bin ich auf ein Video gestoßen: Eine Bewohnerin filmt, wie ihre Stadt Aleppo jetzt aussieht. Sie dreht sich dabei einmal um ihre eigene Achse und sieht nichts als zerstörte Häuser, zerstörte Straßen, ringsum nur Trümmer. Wie können Menschen hier noch überleben, frage ich mich. Kein Wasser, kein Strom, keine Geschäfte, in denen man Lebensmittel kaufen könnte. Nur Schutt. Ein Blick auf das Datum der Aufnahme zeigt mir, dass das Video schon älter als ein Jahr ist. Ein Jahr in einer Ruinenstadt! Wie war es überhaupt noch möglich dort zu leben? Inzwischen ist Ost-Aleppo vom Assad-Regime zurückerobert, um einen teuren Preis: Nahrungsmittel und Medikamente wurden nicht mehr vom Westteil zum Ostteil der Stadt durchgelassen, alle Krankenhäuser im Ostteil wurden zerbombt, Chlorgas und Streubomben wurden eingesetzt. Wer die Bilder von Aleppo anschaut, hält den Atem an. Was ist aus den Menschen geworden, die diese Stadt einmal mit Leben gefüllt haben? Was ist aus der Stadt geworden, die so schön gebaut war, dass sie zum Weltkulturerbe zählte?

 Der Bibelvers führt uns heute zu den Klageliedern des Alten Testaments. Jeremia hat sie geschrieben, als Jerusalem 586 v Chr. von den Babyloniern erobert und zerstört worden war. Wie gleichen sich die Bilder von Jerusalem damals, die Jeremia beschreibt, mit denen von Aleppo heute: die Stadt menschenleer, nichts mehr zu erkennen vom früheren Ruhm, die wenigen Menschen ringen danach, überhaupt nur das Notwendige zum täglichen Leben zu bekommen.

„Ist das die Stadt, von der man sagte, sie sei die allerschönste?“ klagt Jeremia (Klagelieder 2,15).

Wer ist schuld an dieser Zerstörung? Für Aleppo gibt es viele Antworten: das Assad-Regime ist schuld, oder die Rebellen sind es. Russland ist schuld, weil es eingegriffen hat, oder die USA, weil sie nicht eingegriffen haben.

Für die Zerstörung Jerusalems sind vordergründig die Babylonier verantwortlich. Aber der Prophet Jeremia hat noch jemand anderen im Sinn, der den Fall von Jerusalem veranlasst hat: Gott! So groß war der Zorn in Gott, dass er zugelassen hat, dass seine heilige Stadt in die Hände der Feinde fällt und zerstört wird. Warum der Zorn? Weil das Volk Gott ungehorsam geworden war (Klagelieder 1,18), weil es nicht mehr auf Gottes Wort gehört hat, sagt Jeremia.

Was mich an den Versen berührt, das ist, dass Jeremia die Hoffnung nicht aufgibt. Trotz der Erkenntnis seiner eigenen Schuld, trotz seines Elends, trotz der schier aussichtslosen Zerstörung um ihn herum, hört er nicht auf, Gott zu vertrauen.

„Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen“, betet Jeremia. Und er will damit sagen: Gott ist doch alles, was ich habe. Darum will ich nicht resignieren, sondern darauf vertrauen, dass Gott hilft. Und Jeremia betet: „Sein Erbarmen hört nicht auf, es ist jeden Morgen neu. Groß ist Gottes Treue!“ (Klagelieder 3, 22+23)

Ich weiß nicht, ob und an welchen Gott die Menschen in Aleppo glauben. Aber ich will zu meinem Gott beten um seine Barmherzigkeit, dass er den Menschen dort beisteht und Heilung schenkt – äußere und innere.

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