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Psalm 119,26

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Ich erzähle dir meine Wege, und du erhörst mich; lehre mich deine Gebote.

Psalm 119,26

Ich erzähle dir meine Wege, und du erhörst mich; lehre mich deine Gebote.“ Das ist ein Satz aus dem längsten Psalm der Bibel, dem Psalm 119. Er enthält drei Aussagen, die ich mit Ihnen der Reihe nach anschauen möchte.

Ich erzähle dir meine Wege.“ Aber ist das denn nötig? Weiß Gott nicht schon alles? Soll ich ihn damit aufhalten? Geht es Ihnen auch so wie mir, dass Sie sich gelegentlich den Gebetssatz sagen hören „Herr, du weißt ja schon alles“? Warum sagen wir das? Um ihn zu entlasten oder uns selber? Wenn jemand Zeitnot und Ungeduld hat, dann sind es doch wir und nicht Gott! Der Psalmbeter ist da offenbar gänzlich unbekümmert. Er lässt nichts von der Distanz spüren, wie sie manche von uns für ein Kennzeichen des alttestamentlichen Gottes halten. Nein, er redet einfach mit Gott und erzählt ihm von „allen seinen Wegen“. Wenn man andere Bibelübersetzungen hinzu zieht, wird deutlich, dass dies das ganze persönliche Erleben umfasst, Pläne, Absichten und auch das Leid. Er bringt es einfach und vertrauensvoll ins Gespräch mit dem lebendigen Gott ein. Natürlich stimmt es, dass Gott am besten weiß, was uns gut tut. Und er weiß es sogar schon, bevor wir bitten. So sagt es auch Jesus in der Bergpredigt. Das Spezielle am jüdischen und christlichen Beten ist nun aber, dass wir trotzdem beten sollen. Jesus lädt dazu immer wieder ausdrücklich ein: Bittet, sucht, klopft an bei eurem himmlischen Vater! Er hört, er lässt sich finden, er öffnet.

Wie an so vielen Stellen in der Bibel gibt es auch hier einen scheinbaren Gegensatz: Gott weiß alles und er gibt gerne – und doch sollen wir ihn um alles bitten. Kein Gegensatz , sondern eine fruchtbare Spannung! Der tiefste Grund dafür: Unser Gott ist ein Gott in Beziehung. Er möchte ein Vertrauens- und Liebesverhältnis zu seinen Geschöpfen. Und wen ich liebe, dem erzähle ich auch ohne Scheu, was mich bewegt.

Ich erzähle dir meine Wege, und du erhörst mich.“ Es bleibt also nicht beim Erzählen. Gott hört nicht nur liebevoll und geduldig zu, sondern er will auch erhören. Beten ist kein Selbstgespräch, auch kein Reden zu einem erdachten himmlischen Zuhörer.  Beten ist Gespräch, Kommunikation. Manchmal antwortet Gott uns auch. In der Regel nicht mit einer hörbaren Stimme, sondern so, dass wir sein Reden für uns entdecken - in einem Bibelwort, im Rat oder im Zuspruch eines Mitchristen, in einer inneren Gewissheit. Das deutlichste Reden Gottes ist allerdings immer noch die Erhörung eines Gebets. Andere mögen es Zufall nennen oder Glück; wenn ich mit Gott im Gespräch bin, weiß ich, dass es seine Erhörung ist.

Die beiden ersten Teile des Psalmverses waren diese: „Ich erzähle dir meine Wege, und du erhörst mich.“ Der dritte Teil schließt dann so an: „Lehre mich deine Gebote.“ Das erstaunt mich wieder. Ich würde normalerweise nach einer erlebten Gebetserhörung mich freuen, Gott danken und die Sache damit abschließen. Der Beter fügt jedoch eine Bitte an, die seine Herzenshaltung offenbart. So als ob er sagen wollte: „Das Gespräch mit dir über mein Leben und besonders die erlebte Erhörung waren wunderbar, Herr. Aber mein tiefstes Anliegen ist, noch mehr von dir zu lernen; noch tiefer deine guten Absichten für mein Leben und diese Welt kennen zu lernen; noch mehr dir zu gefallen mit dem, was ich tue; noch stärker in Übereinstimmung mit deinem Willen zu leben. Darum lehre mich deine Gebote.“
Ich staune über eine solche Lernbereitschaft, über die Demut und Korrekturfähigkeit. Offenbar weiß der Beter, dass man auch mit dem besten Glaubensleben und der höchsten Gotteserkenntnis nie fertig ist. Unser Lebensstil und Tun sind Stückwerk. Wir bleiben Lernende. Der Geigenbauer Martin Schleske schreibt in seinem wunderbaren Buch „Der Klang“ zutreffend, dass nicht unser Bekenntnis das Zentrum unserer Glaubens-Identität ist. Vielmehr ist ein Jünger oder Lehrling dadurch bestimmt, wer sein Meister ist und was er durch ihn lernt. So möchte auch ich ein Lernender bleiben in der Schule meines Meisters Jesus Christus.  Und am besten lerne ich im lebendigen Gespräch mit ihm, also im Gebet. „Ich erzähle dir meine Wege, und du erhörst mich; lehre mich deine Gebote.

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