/ Wort zum Tag
Jesaja 56.8
Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.
Gott der HERR spricht: Ich will noch mehr zu der Zahl derer, die versammelt sind, sammeln.
Mir scheint manchmal, die Leute sind fortwährend damit beschäftigt, sich abzugrenzen und zu begrenzen und einzugrenzen. Manchmal entscheidet schon die Aufnahmegebühr eines Vereins. Man will unter sich bleiben. Was will denn der oder die hier? Man schafft Normen und Ideale, die die Insider erfüllen und die den Zusammenhalt herstellen sollen. Abgrenzen, so sagt man, schafft Identität, Selbstvergewisserung. Vielleicht auch ein kleines Stück heile Welt. Geht das auf? - Es ist nachgewiesen worden, dass sich die hohen Ideale negativ nach innen richten können. Und dann zerstörend wirken können. Wenn sich die eigenen Ziele als unerreichbar erweisen! Und einer vom anderen die Einhaltung einfordert! Dann dienen jene Ideale und Vorschriften nicht der lebendigen Entwicklung, sondern erweisen sich am Ende als zerstörerisch.
Das Wort zum Tag aus Jesaja 56, Vers 8, führt uns in eine Situation, die eine misslungene Abgrenzungsgeschichte als Hintergrund hat. „Gott der HERR spricht: Ich will noch mehr zu der Zahl derer, die versammelt sind, sammeln.“ Versammeln statt ausgrenzen – das soll nun bestimmend werden. Jesaja wendet sich der Frage zu, wer zum Volk Gottes gehört und am Tempelgeschehen teilnehmen darf. Versammeln statt ausgrenzen!! Jesaja bezieht sich auf Anweisungen im 5. Buch Mose. Dort wird bestimmt, dass weder Eunuchen noch Ausländer und ihre Nachkommen am Tempelgeschehen teilnehmen können und vom Gottesvolk ausgeschlossen sind. Eunuchen z. B. hatten sich unfruchtbar machen lassen. Eine politische Karriere an königlichen Höfen war damit gewisser, denn sie konnten keine eigene Familiendynastie ins Leben rufen. Nur in Israel waren sie wenig angesehen. Galt doch Fruchtbarkeit, galten Kinder als Segen Gottes. Und wenn sich jemand freiwillig dieses Segens berauben ließ, war er draußen. Rückgängig ließ sich dann nichts mehr machen. Nur ein Beispiel fürs Ausgrenzen.
Israel war mit dieser Mentalität in die tiefste Krise und Katastrophe geraten. Das Modell „Abgrenzung“ schuf weder innere Konzentration, noch heile Welt. Das Volk wurde seiner Nationalität beraubt, zerschlagen, verschleppt. Erst nach der Rückkehr ins eigene Land flammten die Diskussionen wieder auf. Sollte man sich erneut abgrenzen? Ernsthafter vielleicht noch? Damit jetzt gelingt, was damals missraten war: Identität! Reinheit! In diese Diskussion mischt sich Jesaja mit dem Wort zum Tag ein. Er stellt klar, dass ehemals Ausgeschlossene nun dazugehören sollen. Eunuchen und Ausländer, die Gott vertrauen, gehören dazu. Allein das Beachten des Sabbatgebotes und des Bundes Gottes sind entscheidend. Auf diese Weise soll der Tempel ein Bethaus für alle Völker werden. Alle Völker, wohlgemerkt! Versammeln statt ausgrenzen!
Also: Grenzt euch nicht ab, versucht nicht, dadurch eure Identität zu retten, dass ihr möglichst unter euch bleibt und ja keinen anderen hereinlasst. Nein, das Haus Gottes soll ein Bethaus heißen für alle Menschen.
Jesajas beherztes Eintreten im Namen Gottes für die, die dazukommen wollen, ist auch damals umstritten geblieben. Versammeln statt Ausgrenzen, damit alle Menschen vor Gott am Tempelgeschehen und Beten teilnehmen können! Betend sind die Türen zu Gott hin weit aufgerissen!
Jesus hat sich unser Wort zum Tag zu eigen gemacht. Das Gleichnis vom großen Abendmahl zeigt es eindrücklich. Am Ende sollen alle von den Hecken und Zäunen dazu kommen. Mir scheint, dass „versammeln statt ausgrenzen“ bis in unsere kirchliche Landschaft hinein noch einzulösen ist. Da schreit, argumentiert und betet man noch abgrenzend gegen allzu befremdliche Menschen, anstatt mit ihnen und für sie zu schreien und zu beten und sich im Namen Gottes von der Angst vor Selbstverlust zu verabschieden.
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Gut geschrieben - aber bitte nicht nur auf Vereine hinweisen. Die Institution Kirche und deren Mitglieder sind ein gutes Beispiel für Abgrenzung.
Es gibt Gemeinden, da würden die Glieder gerne … mehraktiv werden, aber Alteingesessene - mit welchem Recht eigentlich - blocken genau diese ab. Es war schon früher so, das haben wir noch nie so gemacht etc.
Und dann wundert man sich über das Fernbleiben?
Wenn ihr mühselig und beladen seid........sagte Jesus. Aber man kommt ja kaum noch zu ihm, die Wichtigmacher verhindern es. Ein Spiegelbild der christlichen Politiker oder ist Kirche nur noch Politik?
Falls Sie nun der Meinung sein sollten hier schreibt ein junger Mensch, neenee, bin auf dem Weg Richtung 60.