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Jörg Dechert über Hiob 33,13-14.

Warum willst du mit Gott hadern, weil er auf Menschenworte nicht Antwort gibt? Denn auf eine Weise redet Gott und auf eine zweite; nur beachtet man’s nicht.

Hiob 33,13–14

Wenn es mir schlecht geht, gibt es eins, was ich überhaupt nicht brauchen kann: Gute Ratschläge. Ist Ihnen das auch schon passiert?

Vielleicht wurde Ihnen ein teures Fahrrad geklaut, Sie suchen Verständnis bei Ihren Freunden und müssen plötzlich erklären, dass Sie das Fahrrad - ja doch, natürlich! - ordnungsgemäß angekettet hatten. Es gibt Situationen, da hat man lieber keine Freunde als so welche.

Hiob konnte davon auch ein Lied singen. Was er in dieser Hinsicht erlebt hat, füllt ein ganzes Buch. Wir finden es in der Bibel, im Alten Testament. Hiob verliert innerhalb kurzer Zeit seinen Besitz, seine Kinder und seine Gesundheit. Die sprichwörtlichen Hiobsbotschaften prasseln auf ihn ein wie ein Sturzregen aus Schicksalsschlägen. Und unter dem Ansturm zerbricht nicht nur seine heile Welt, sondern auch sein bis dato unerschütterliches Gottvertrauen.

Nur seine zeternde Ehefrau ist Hiob geblieben - und ein paar Freunde mit guten Ratschlägen. Es spricht für diese Freunde, dass sie nicht auf Abstand zu Hiob gehen, sondern ihn besuchen, um mit ihm zu trauern. Und sich mit Hiob zusammen der Frage auszusetzen, die ihn Tag und Nacht quält: „Warum tut Gott mir so etwas an?“

Ein großer Teil des Buches Hiob besteht daraus, dass Hiobs Freunde sein Schicksal feinsäuberlich in ihr Gottesbild und Theologie einordnen, ohne dass Ecken und Kanten überstehen. Eine Art „theologisches Quartett“ mit Hiob als lebendem Fallbeispiel. Irgendwie gnadenlos. Manche Feststellungen mögen richtig sein, aber es kann doch der falsche Moment sein, sie auszusprechen.

Dennoch kann ich etwas lernen aus dem Ringen der Freunde um eine Antwort auf Hiobs Hadern mit Gott. Zum Beispiel wird Hiobs Freund Elihu im Buch Hiob Kapitel 33 wie folgt zitiert:

Warum willst du mit Gott hadern, weil er auf Menschenworte nicht Antwort gibt? Denn auf eine Weise redet Gott und auf eine zweite; nur beachtet man’s nicht.

Elihu öffnet Hiob hier die Augen für die Unverfügbarkeit und die Wirklichkeit von Gottes Reden. Ja, Gott redet auf viele verschiedene Arten! Nein, du bekommst nicht auf alle deine Fragen eine Antwort!

Ich kann Hiob ja irgendwie verstehen. Er wollte von Gott eine Erklärung für sein Leid, und als er die von Gott nicht bekommt, versteift er sich immer mehr auf diese eine fehlende Antwort. So sehr, dass er das Reden Gottes gar nicht mehr wahrnimmt. Es braucht am Ende eine dramatische Rede Gottes aus einem Sturm - beschrieben im Buch Hiob Kapitel 38 - damit Hiob von seiner Versteifung auf die Warum-Frage frei wird und man wieder mit ihm ins Gespräch kommen kann.

Ich will aus Hiobs Geschichte für heute lernen: Gott antwortet auf meine Fragen nicht unbedingt so, wie ich es erwarte. Aber das bedeutet nicht, dass Gott aufhört, in mein Leben hinein zu sprechen. Manchmal bin ich es, der neu und anders hinhören sollte.

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Kommentare (1)

Martin F. /

Vielen Dank für den Beitrag. Mir hat einmal jemand gesagt, dass jeder "Ratschlag" eben auch ein "Schlag" sei, Wir neigen dazu, statt Mitgefühl zu zeigen, lieber Ratschläge zu erteilen. Aber Gott tut mehr