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/ Wort zum Tag

„Segne den Herrn, meine Seele!“

Roland Krause über Psalm 103,22.

Lobet den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den Herrn, meine Seele!

Psalm 103,22

Der große Lob-Psalm 103 endet mit den Worten: „Lobet den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HERRN, meine Seele!“

Ganz am Ende nimmt uns dieser Lob-Psalm mit hinein in den Lobpreis all der guten Mächte, die uns umgeben. Dabei denkt der Psalm weniger an die guten Mächte, von denen Dietrich Bonhoeffer in seinem Neujahrsgedicht gesprochen hat, die Mächte, durch die wir ‚wunderbar geborgen‘ sind, die uns ‚treu und still umgeben‘. Hier im Psalm 103 ist vielmehr die Rede von den gewaltigen Kräften der Veränderung, von den Werken, durch die Gottes Gerechtigkeit sich durchsetzt. Das alles sind seine Boten, sagt der Psalm, die starken Mächte, die sein Wort ausrichten. Sie alle loben Gott, den Schöpfer – und Gott, den Anwalt der Gerechtigkeit.

Dieses Lob Gottes als den Anwalt der Gerechtigkeit, dieses Lob können und sollten wir wieder neu lernen: Nicht nur die Schönheit der Bäume, das Brausen der Meere, die Stimmen der Vögel loben Gott. Sondern auch die großen Kräfte geschichtlicher Veränderung, die Menschen freier und Verhältnisse gerechter machen – sie loben Gott. Sie lassen Menschen aufatmen, auch meine Seele. Und ihr, der Seele, ihr gilt denn auch das letzte Wort des Psalms: „Lobe den Herrn, meine Seele!“

An dieser Stelle lässt sich im hebräischen Text eine erstaunliche Entdeckung machen. Hier -wie auch am Anfang des Psalms- steht nicht das geläufige Wort, das sonst im Hebräischen den Lobpreis beschreibt. Der Psalm 103 überrascht uns durch ein sehr viel stärkeres Wort. Anfang und Ende des Psalms lauten wörtlich übersetzt: „Segne den Herrn, meine Seele!“

Eine ungewohnte, merkwürdige, des Merkens würdige Wortwahl. Eigentlich denken wir ja beim Segen nur in eine Richtung – von oben nach unten, von Gott her zu uns Menschen. Hier aber geht es um einen Segen von unten nach oben, Segen von uns Menschen hin zu Gott.

Doch wie soll es gehen, dass ich Gott segne? Ist es wirklich so, dass wir uns das nicht vorstellen können? Segnen heißt doch auch: sich zu öffnen, sich dem anderen zuzuwenden, Liebe und Güte strömen zu lassen. Segen kommt aus übervoller Seele. Und wenn Gott uns, seine Geschöpfe, krönt mit Gnade und Barmherzigkeit - so heißt es ja einige Sätze vorher im Psalm 103 - , dann ist doch die Seele übervoll, übervoll von der Güte Gottes. Ist es da nicht ganz natürlich, dass sich meine Seele nun dem Geber der Güte zuwendet und nun ihrerseits Güte und Liebe zurückströmen lässt, von unten nach oben?

„Segne den Herrn, meine Seele!“ Eine dankbare Seele segnet Gott. Wozu soll das gut sein? Hat Gott das nötig? Ob er es nötig hat, weiß ich nicht: Aber dass er darauf wartet, das zeigt uns die Bibel fast auf jeder Seite.

Und: Meine Seele hat es nötig, sich so hin zu Gott zu öffnen. Würden wir Gott nur entgegen treten in Ehrfurcht, Gehorsam und Demut, dann würde unsere Seele verarmen. „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit allen Kräften“ – so erklärt, so veranschaulicht Martin Luther das erste Gebot. Und genau genommen sind die biblischen Gebote keine Befehle, – eher eine Verheißung: „Du wirst Gott lieben von ganzer Seele.“ Mit eben dieser Lebens-Verheißung endet der Psalm 103: „Segne den Herrn, meine Seele!“ Denn unser Glaube trocknet aus, wo wir den empfangenen Segen nicht zurückzugeben an ihn, den Schöpfer und Erlöser. Zu diesem dankbaren Zurückzugeben lädt uns der Psalm 103 ein: Segne den HERRN, meine Seele!“

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