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/ Wort zum Tag

Kollektivschuld?

Klaus Jürgen Diehl über Hesekiel 18,4

Als nach dem Ende des 2.Weltkrieges die schrecklichen Gräuel der Nazis an über 6 Millionen ermordeter Juden öffentlich wurden, entstand sogleich die Frage, wer für diese Verbrechen Schuld trage. Waren es nur die Überzeugungstäter, die in den Konzentrationslagern erbarmungslos das Geschäft der Vernichtung unzähliger Menschen erledigten? Gab es nicht daneben etliche Mitwisser und Mitläufer, ohne die der Völkermord an den Juden gar nicht möglich gewesen wäre und die sich daher auch nicht von Schuld reinwaschen konnten? Ja, mehr noch: Musste nicht das ganze Volk für die Verbrechen Hitlers, dem sie schließlich in großer Zahl zugejubelt hatten, in Schuldhaft genommen werden? So machte in der Nachkriegszeit die Rede von der Kollektivschuld die Runde. Aber trugen auch wir als Nachkriegsgeneration Schuld an den Verbrechen unserer Väter? Ich erinnere mich noch gut an die Begegnung mit einer aus Deutschland stammenden jüdischen Verkäuferin, der ein Freund und ich Mitte der 60er Jahre als junge Studenten im New Yorker Kaufhaus „Macys“ begegneten. Als sie merkte, dass wir uns auf Deutsch unterhielten, sprach sie uns ebenfalls auf Deutsch an. Auf unsere erstaunte Rückfrage, woher sie so gut deutsch könne, erzählte sie uns von dem Schicksal ihrer Familie, von der nur sie als einzige vor der Gaskammer bewahrt geblieben war. Als wir darauf ziemlich betroffen reagierten, sagte sie uns: „Ihr seid junge Deutsche. Euch trifft keine Schuld an den schlimmen Verbrechen der Nazizeit. Aber seid euch immer bewusst, was die Menschen in eurem Land uns Juden angetan haben und lernt daraus“. Ja, uns traf keine persönliche Schuld, aber jeder Deutsche trägt Verantwortung dafür, dass ein solches Verbrechen sich nicht noch einmal wiederholt.

Und damit bin ich bei dem biblischen Losungswort für diesen Tag. In alttestamentlicher Zeit machte in Israel ein Sprichwort die Runde, mit dem eine Kollektivschuld des Volkes kritisch hinterfragt wurde. „Die Väter haben saure Trauben gegessen, und den Kindern sind die Zähne davon stumpf geworden“ – das heißt: Die junge Generation muss die Suppe auslöffeln, die ihnen durch die Schuld der Väter eingebrockt wurde. Doch dann tritt der Prophet Hesekiel auf und stellt das Sprichwort infrage. Nein, in den Augen Gottes gibt es keine Kollektivschuld. Gott wird jeden ganz persönlich für sein Verhalten zur Rechenschaft ziehen. Wenn der Vater schwere Schuld auf sich geladen hat, muss der Sohn nicht dafür büßen, wenn er sich an Gottes Wort hält. Umgekehrt gilt aber auch: Wenn einer fromme, gottesfürchtige Eltern hatte, so wird ihm das nichts nützen, wenn er selbst gottlos lebt und die Gebote Gottes missachtet. Jeder einzelne steht und fällt mit seinem Leben dem unbestechlichen Urteil Gottes.?? Satzsinn? Um diesen Gedanken zu unterstreichen, erklärt Gott in dem Bibelwort für diesen Tag: „Siehe, alle Menschen gehören mir!“ Mir ist bewusst, dass viele Menschen das ganz anders sehen. Sie sind davon überzeugt, letztlich nur sich selbst für ihr Leben verantwortlich zu sein. Aber so wie jeder einzelne Mensch als Geschöpf aus Gottes Hand hervorgegangen ist, wird er sich einmal wieder vor dem Richterstuhl Gottes verantworten müssen. Dann haben wir alle miteinander nur eine Chance, dass Jesus Christus als Anwalt für uns eintritt und – im Sinne unserer biblischen Tageslosung – feststellt: „Siehe, auch der gehört zu mir und soll daher gerettet sein!“

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