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„Warum hängt der da?“

Ulrich Mack über Jesaja 53,7.

Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.

Jesaja 53,7

Ein Mann und seine kleine Tochter kamen in eine Kirche. Das Mädchen bewunderte die bunten Fenster, sah auf die Engelfiguren, staunte über die Gewölbe. Und dann blieb es unter dem großen Kruzifix stehen, zeigte erstaunt hinauf zum Gekreuzigten und fragte: Papa, warum hängt der da?

Ein Mann und seine kleine Tochter kamen in eine Kirche. Das Mädchen bewunderte die bunten Fenster, sah auf die Engelfiguren, staunte über die Gewölbe. Und dann blieb es unter dem großen Kruzifix stehen, zeigte erstaunt hinauf zum Gekreuzigten und fragte: Papa, warum hängt der da?

Ja, warum hängt er da?

So fragt nicht nur dieses Mädchen. So fragen viele in diesen Wochen vor Karfreitag. Warum hängt Jesus da? Ist er mit seiner Mission gescheitert? Ist sein Leiden nur sinnlos? Und wenn nicht – worin liegt der Sinn?

So fragen viele.  Und immer wieder taucht die Vorstellung auf, dass  Gott ein Opfer verlange, damit er wieder lieben kann.

Aber das Evangelium sagt es umgekehrt: Gott gab seinen Sohn für uns, weil er die Welt so sehr geliebt hat und weil er uns, Sie und mich, unendlich liebt.

Christus musste nicht sterben, weil Gott ein Problem hatte, sondern weil wir als Menschen ein Problem haben, nämlich unsere gestörte Beziehung zu Gott, zu dem, der Leben und Liebe ist. Die Bibel nennt diese gestörte Beziehung Sünde. Sie ist der Wurzelgrund, aus dem Taten kommen: Eigensucht und Habgier, Trennungen und Leid – wir kennen ja uns und unsere Welt.

Aber da hinein kommt nun Jesus. In das ganze Getriebe und Gestreite der Welt kommt er. Und wie!

Nein, nicht als Gewaltherrscher kommt er, der andere niedermacht. Nicht als Scharfrichter ohne Gnade. Nicht als Raubtier, das anderes Leben bedroht. Sondern als Lamm kommt er – als Lamm, das sich hingibt. Das andere nicht zum Opfer macht, sondern das sich selbst opfert.  Das hat schon Johannes der Täufer begriffen. Als er Jesus sieht, zeigt er auf ihn und sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ (Joh 1,29). Das haben dann nach Ostern die Freunde von Jesus verstanden: Er starb als Opferlamm für uns – gerade in der Stunde, als im Tempel die Passalämmer geschlachtet wurden. Sie, die Jünger und ersten Christen, haben das nicht erfunden. Sie haben es gefunden – und zwar in ihrer Bibel, im Buch Jesaja Kapitel 53: „Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.“ 

Was der Prophet zunächst noch unscharf für einen „Knecht Gottes“ sieht, wird an Karfreitag hell und klar: Jesus ist das Lamm, das willig leidet und sich hingibt. Jesus hat sein Leiden und Sterben selbst so verstanden und es seinen Jüngern erklärt: „Mein Leib wird für euch gegeben, mein Blut für euch und eure Sünden vergossen“. So setzte er das Abendmahl ein. Und wenn Christen das Mahl miteinander feiern, gehört es seit weit über 1000 Jahren in vielen Kirchen dazu, Jesus als Opferlamm zu bekennen und zu singen: „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser“.

„Warum hängt der da?“, fragte das Mädchen in der Kirche, fragen viele. Werden wir je mit den Kräften unseres Verstehens ganz ausmessen und begreifen können, warum Jesus für uns starb? Wohl kaum. Denn Liebe lässt sich nicht ausmessen, und die Hingabe von Liebenden lässt sich nicht in logische Formeln begreifen. Gottes Liebe erst recht nicht. Aber wir können uns von ihr ergreifen lassen.

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