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Warten als aktiver Prozess

Friedhelm Geiß über Jakobus 5,8.

Seid geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.

Jakobus 5,8

Kennen Sie auch das Ampelgebet: „Herr, schenk mir Geduld, aber schnell!“ Da muss ich weiter zum nächsten Termin und die Baustellenampel will nicht grün werden. Mit der Geduld ist das so eine Sache. Können wir es uns überhaupt noch leisten zu warten? Ist Geduld wirklich angebracht? Brauchen wir häufig nicht eher das Gegenteil und müssen in Prozessorgeschwindigkeit denken und handeln? Und während wir vor Jahren noch geduldig auf Briefantwort warten konnten (und oft auch mussten), erwarte ich heute im Chat ganz schnell das Zeichen „gelesen“ und die entsprechende Antwort.

Ziemlich am Ende der Bibel, im Jakobusbrief werden wir ermutigt, Warten als aktiven Prozess zu sehen: Jakobus schreibt: „Seid geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.“ Seid geduldig, man kann auch übersetzen: Habt langen Atem, seid langmütig, habt lange Mut, seid großmütig, habt ein großes Herz, das ist das Gegenteil von kleinkariert und verzagt sein. Habt großen Mut, große Tapferkeit, also verliert nicht die Fassung, gebt nicht auf, zieht euch nicht zurück, wenn's nicht gleich klappt.

Mut und Tapferkeit werde ich nur beweisen, wenn ich etwas verteidige, was sich lohnt oder wenn ich ein lohnendes Ziel nicht verpassen will. Jakobus macht deutlich: Es geht nicht um ein schlappes, passives Abwarten, auch nicht um ein billiges Vertrösten. Es geht darum, dass wir Atem, Herz und Mut bis zum Ziel behalten. Wahre Geduld hat immer etwas mit Stärke und Vertrauen zu tun, Ungeduld dagegen kommt aus Schwäche und Unglauben. Ein Beispiel aus der Landwirtschaft verdeutlicht diese Wahrheit. Ein Landwirt muss rackern und arbeiten, die Reifung aber kann er nicht machen. Da muss er einfach warten. Die Motivation für ihn ist die Ernte. Darauf freut er sich und das ist allen Einsatz wert. Geduld setzt also eine Aktion voraus, in dem Fall die Aussaat - und eine klare Perspektive.

Bei Jakobus lautet das Ziel: „Das Kommen des Herrn ist nahe!“ Für Jakobus ist ganz klar: Jesus Christus, der Herr, der als Mensch auf diese Welt gekommen ist, durch sein Leiden und Sterben die Sünde der Welt getragen hat, durch die Auferstehung dem Tod die Macht genommen hat und aufgefahren ist in den Himmel zu richten die Lebenden und die Toten, der wird wiederkommen, wie er es verheißen hat. Jetzt lebt er unsichtbar durch seinen Geist mitten unter seinen Nachfolgen, aber er wird erscheinen, sichtbar und erkennbar für alle Menschen. Dann werden alle erkennen müssen, dass er der Herr war, ist und bleibt. Diese Dimension schenkt Christen einen weiten Horizont. Von dieser Zukunft her gestalten Christen ihr Leben. Das macht sie gelassen und getrost, zuversichtlich und hoffnungsvoll. Sie wissen, nicht die Gegenwart mit allem Glanz und aller Gewalt ist das Letzte, sondern immer nur das Vorletzte. Jesus wird kommen und allem Chaos ein Ende setzen.

Wunderbar bildreich hält der hebräische Ausdruck für Geduld einen körperlichen Vorgang fest: Gott hält seinen Zorn zurück, es ist, als wenn Gott durch die Nase tief einatmet und so einen weiten Raum für seine Geduld schafft. Ein göttlicher „Geduldsraum“ entsteht.

Dies könnte auch für mich heute ein gutes Bild sein, um Geduld von der Urquelle Gottes wieder zu lernen. Zurücktreten, tief ein- und ausatmen und so neuen Lebensraum zu schaffen, für mich selbst und für andere.

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