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Mit Gott im Gericht

Uwe Bertelmann über 1. Johannes 3,19–20

Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm damit zum Schweigen bringen, dass, wenn uns unser Herz verdammt, Gott größer ist als unser Herz und erkennt alle Dinge.

1. Johannes 3,19–20

Ich weiß sehr gut, dass ein Mensch nicht recht behalten kann gegen Gott. Hat er Lust, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten.

Hiob 9,2.3

Stellen Sie sich mal einen Gerichtssaal vor. Ein ehrwürdiges, altes Gerichtsgebäude. Es riecht nach Akten, Angstschweiß, altem Holz. Vorne Richter, Schöffen, Protokollant. Hinten Platz für Prozessbeobachter, in der Mitte der Zeugenstand. Rechts Sie und Ihr Anwalt. Und Ihnen gegenüber Gott. Ohne Anwalt. Gott also einmal nicht als Richter, sondern als ihr Prozessgegner. Und sie hätten die Gelegenheit, Ihr Leben mit ihm zu verhandeln und ihn für alles zur Rechenschaft zu ziehen: Warum Sie als Kind immer gemobbt wurden – und warum Gott Ihnen in dieser Situation keinen einzigen Menschen zur Seite gestellt hat. Unterlassene Hilfeleistung! Warum beruflich Vieles nicht so geklappt hat. Warum es in der Familie so schwierig ist.

Manchmal denke ich: Gott soll sich bitte mal verantworten! Auch für das ganz Große: Warum schreitet er nicht ein, wenn Menschen in kleinen Schlauchbooten über das Mittelmeer nach Europa fliehen wollen? Warum lässt er zu, dass ein Mensch einen LKW in eine Menschenmenge steuert? Warum?

Hiob – der alte, weise Mann aus der Bibel. Das Glaubensvorbild. Der Mann, der so viel leiden musste. Er wollte genau das tun. Mit Gott in den Ring steigen. Tacheles reden. Und die ganzen Fragen: Warum und Wieso und wer ist schuld an seinem dramatischen Schicksal – all das bespricht er in endlosen Dialogen mit seinen Freunden, und will doch eigentlich von Gott selbst die Antwort.

Aber der weise Hiob weiß, dass das aussichtslos ist. Er hätte keine Chance, gegen Gott im Streit Recht zu behalten. Und das nicht, weil Gott sich die besseren Anwälte leisten könnte. Die braucht er nicht. Sondern weil Gott aus Prinzip recht behalten wird. „Ich weiß ja – ich werde im Rechtsstreit gegen Dich unterliegen. Aber erklär es mir bitte.“ Nachdem in der Debatte mit den Freunden jedes Argument schon zweimal ausgetauscht ist, meldet sich am Ende Gott tatsächlich selbst zu Wort – nachzulesen ab Kapitel 40. ‚Mein lieber Hiob, Du willst mich vor Gericht ziehen und ich soll mich für mein Handeln verteidigen? Du willst mit mir in den Ring steigen? Gut, dann will ich Dir jetzt mal einige Fragen stellen: Wo warst Du, als ich diese Welt erschaffen habe? Und erklär mir doch mal bitte, wie sie funktioniert.‘

Damit erteilt er ihm eine wichtige Lektion: Dein Problem, lieber Hiob, ist: Du kannst meine Pläne nicht verstehen. Du kannst nicht die ganze Welt überblicken. So wenig, wie ein fünfjähriges Kind in der Lage ist, die komplizierte Formel eines Physiknobelpreisträgers zu verstehen oder gar zu verbessern.

Das Entscheidende dabei: Das weiß Hiob in seinem Kleinhirn alles schon vorher. Aber er begreift es erst, nachdem Gott selbst ihm begegnet. Nur, wer Gott selbst begegnet ist, kann annehmen, dass man Gott nicht zur Rechenschaft ziehen kann. Dass man nicht alles verstehen kann. Dass bei allem Schrecklichen in der Welt – und vielleicht auch in Ihrem Leben – Gott doch die Dinge überblickt und die Welt richtig lenkt. Das kann man niemandem erklären. Das kann man niemandem aufdrücken. Das hat auch Hiob erst glauben können, als Gott selbst ihm erschienen war.

Übrigens wird Hiob von Gott für seine Anklagen nicht kritisiert oder gar verurteilt. Am Ende bereut er zwar, dass er besser als Gott wissen wollte, wie die Welt funktioniert. Aber er, der geklagt hat, Gott vor Gericht zerren wollte, irgendwann sogar den Tag seiner Geburt verflucht hat – er ist der Gerechte in dem Buch. Wenn Sie gerade in einer Hiob-Situation sind: Klagen Sie! Ringen Sie mit Gott! Fragen Sie Ihn nach Antworten! Und es könnte passieren, dass er selbst sich Ihnen offenbart und anfängt, zu reden – so, wie bei Hiob.

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