/ Wort zum Tag
Matthäus 11,29
Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.
Christus spricht: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Rueh finden für eure Seelen.
„Jeder hat im Leben sein Päckchen zu tragen.“ Manche auch ein Paket. Das ist eine weit verbreitete Volksweisheit. Jesus sagt: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen“ (Matth.11,29). Wenn wir dieses Wort nicht amputiert aus dem Zusammenhang lesen, dann entdecken wir: Hier will der große Seelsorger Jesus Christus mühselige und unter Lasten seufzende Menschen erquicken. Er mutet ihnen aber gleichzeitig zu, sein Joch auf sich zu nehmen. Ist das nicht ein Widerspruch? Er nennt das Joch sanft und die Last leicht. Wir empfinden anders. Wir empfinden ein Joch als hart und eine Last als schwer. Wir würden es gerne anders hören: Ich nehme euch eure Last ab.
Den Sinn dieses Textes werden wir erst richtig erfassen, wenn wir das Bild vom Joch verstehen. Die damaligen Zuhörer wussten sofort, was mit diesem Bild gemeint ist. Wir Menschen im technischen Zeitalter müssen erst in ein Heimatmuseum gehen, um ein Joch zu besichtigen. Ein Joch ist ein Balken, der zwei Tieren über den Nacken gelegt wird. An beiden Seiten befindet sich je ein Rahmen, der den Hals der Tiere umschließt. In der Mitte des Balkens ist ein Zugseil befestigt, mit dem die Last gezogen wird.
Dieses Bild gebraucht Jesus. Er redet Menschen an, die auferlegte Lasten nicht tragen können. Wie trägt ein Mensch eine schwere Last? Auf dem Nacken. Von den Pharisäern sagt Jesus: „Sie binden schwere Bürden und legen sie den Menschen auf den Hals“ (Matth 23,4). Diese Lasten muss der Mensch ganz allein tragen. Diese Lasten drücken. Jesus spricht hier in erster Linie nicht von den Lasten, die durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, ungelöste Zukunftsfragen und Zukunftsängste auf den Schultern der Menschen ruhen. Jesus denkt an seine Jünger. In ihrem religiösen Umfeld haben sie ein engmaschiges Netz von Vorschriften. Der Lebensweg war voll gepflastert mit rituellen und moralischen Verpflichtungen. Wer sie ernst nahm, quälte sich mit Geboten und Verboten ab. Jesus bietet ihnen sein Joch an. Ein Joch ist immer für zwei. Wenn der Herr Jesus sagt: „Nehmet auf euch mein Joch“, dann lädt er seine Jünger in eine unauflösbare Lebensgemeinschaft mit sich selber ein. Dass das so gemeint ist, geht auch aus einem anderen Bibelwort hervor: „Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“ (Matth 19,6). Im griechischen Text steht für „zusammengefügt“ das Wort „zusammengejocht“.
„Lernet von mir“, das bedeutet im Bild des Joches: Haltet mit mir Schritt. Ich bin sanftmütig. Ich überfordere euch nicht. Ihr sollt nicht langsamer als ich sein, aber auch nicht schneller. Wenn ihr mein Schrittmaß geht, werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Es gibt kaum eine Aussage, auf die der Mensch unserer Tage so unmittelbar ansprechbar ist als auf diese fünf kurzen Worte: Ruhe finden für die Seele. Jesus macht aber keine Wellnessangebote. Es geht hier nicht um Ausspannen. Es geht vielmehr darum, eingespannt zu werden in das gemeinsame Joch mit Jesus. Er sagt: In der Lebensgemeinschaft mit mir kommt ihr zur Ruhe. Ihr braucht euch nicht mehr unter der Gesetzesknute abquälen. Die Ruhe, die Jesus schenkt, bedeutet: Statt Angst Frieden, statt Verzweiflung Zuversicht, statt Preisgegeben-sein Geborgenheit. Das ist keine Friedhofsruhe. Wer das Sofa zum Ausruhen mehr liebt, als in der Jochgemeinschaft mit Jesus unterwegs zu sein, hat nicht verstanden, was Jesus mit Erquickung meint. Durch den Ruf Jesu werden wir nicht in eine Freiheit entlassen, in der wir niemanden etwas schuldig sind.
Ihr Kommentar
Kommentare (6)
Ich sehe zum Ende Ihrer Gedanken nicht den erhobenen Zeigefinger. Dennoch eine Anmerkung: auch das Sofa kann ein Ort sein mit Jesus zu sprechen. Genau wie der umgestürzte Baum am Teich, der zum … mehrVerweilen einlädt.
Zum Them Druck, auf geworfen von Pfarrerstochter.
Ich gebe Ihnen recht, viele Gemeindeglieder haben Gewissensbisse, wollen alles selber machen, lassen niemanden an sich heran etc.
Und genau das führt dann dazu, dass sich Menschen zurückziehen aus der Gemeinde.
Und wir sollten mal in uns gehen und unser Verhalten überprüfen. Ist nicht sehr viel Ehrgeiz darin zu finden anderen zu gefallen? Was sagt der Nachbar, der Pastor oder der Diakon? Werden wir endlich mal selbstbewusster und bleiben authentisch - so wie wir sind.
Für mich war und ist es ein langer Weg dieses zu erkennen und zu leben. Ich habe lange meine Ohren, meine Augen und mein Herz verschlossen. Langsam habe ich erkannt, dass Demut und der achtsame Umgang mit Menschen, der Umwelt und der Natur mich reich macht. Wir sind einzigartig. Aber dabei hilft mir Jesus - auch auf dem Sofa wenn ich mit ihm rede.
Herzlichen Dank für diese wunderbare Auslegung. Zum ersten Mal wurde ich von diesem Text ermutigt und nicht erschreckt. Er begleitet mich schon den ganzen Tag. Gott segne sie!
mir geht es leider auch mehr so wie der pfarrerstochter. ich verstehe zwar auch, wie es gemeint ist (wir werden nicht in eine freiheit entlassen, in der wir niemandem etwas schuldig sind), aber es … mehrhinterlässt bei mir eben auch so diesen "tu-noch mehr"-druck, der in den gemeinden der westlichen welt so einen hohen stellenwert hat. vielleicht empfinde ich es auch nur besonders stark so, weil ich mich selbst da leicht unter druck setze. wie auch immer, an dieser stelle ein zusätzlicher hinweis für alle, die auch lieber marias als martas sind: das buch "seine liebe zur braut" von gary wiens. der betrachtet das thema irgendwie erfrischend aus einer sehr druckfreien und einladenden perspektive.
unter dem strich jedoch, sehr geehrter herr pastor schaefer, habe ich ihre auslegung trotz allem sehr erhellend und ansprechend gefunden. einen schönen und gesegneten tag allen!
Ich möchte Ihnen danke sagen für diese wunderbare Auslegung. Ich habe zum ersten Mal verstanden, was zusammengejocht heißt. Gott segne Sie! Danke vielmals!
An sich eine schöne Predigt. Aber irgendwie stört mich der letzte Schluss. Da klingt gleich wieder der erhobene Zeigefinger für mich durch. Erquicken ja, das Sofa mehr lieben als mit Jesus unterwegs … mehrsein -nicht gut. Ich denke, dass es so wahnsinnig viele Christen gibt, die auf Grund der ewigen Gewissensbisse eher zuviel tun, als zu wenig. ich finds schade, dass diese anfänglich ermutigende Predigt dann so aufhört. Da kann ich nur hoffen, dass es auch jemand liest, der sich bislang gar nicht in einer Gemeinde engagiert. Wobei ich Mitarbeit, die nur auf einem schlechten Gewissen Gott gegenüber geschieht, auch fragwürdig find.
vielleicht bin ich als Pfarrerstochter aber auch zu kritisch mit diesen Andachten! :-)
Der Satz hat es in sich: statt Angst - Frieden...usw. - eine treffende Aufzählung - die jede/r für sich erweitern kann. Mir war es vor vielen Jahren wichtig die verschiedenen Meinungen in den Focus … mehrzu nehmen, die sich um das Thema "Ewiges Leben" herum ansiedeln. Berichte über Berichte und Bücher darüber verwirrten und verunsicherten mich sehr. Jahre vergingen bis ich dann einen Bibelkreis aufsuchte und mir da Antworten erhoffte. Das war vor 18 Jahren. Das Buch der Bücher gehört für mich zur "Lebensgemeinschaft mit Jesus" verbindlich dazu. So kann ich heute rückblickend aus meinem früheren religiösen Leben heraus sagen:
statt Verunsicherung und Verwirrung - Gewissheit auf ewiges Leben durch den Glauben an Jesus Christus wie es in Joh3,16 steht.
Dieses Geschenk des Glaubens hat mir neue Perspektiven eröffnet.
Im Unterwegs sein mit Jesus gehört für mich jedoch auch das Sofa zum Ausruhen dazu.
Gott segne Sie weiterhin in ihrem Dienst, sein Wort so wunderbar gut beschreibend auszulegen.