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/ Anstoß - Gedanken zum Tag

Mehr als ein Hoffnungsschimmer

Ulrike Schild über Klagelieder 3,31-32

Der HERR verstößt nicht ewig; sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte.

Klagelieder 3,31–32

Es gibt Bibelverse, die gehen runter wie Butter, die höre ich gerne, die bauen mich auf. Doch manche Verse lösen in mir auch Beklommenheit aus. Mir hilft dann die Frage: In welcher Situation entstehen bestimmte Worte? 

Die Antwort liefert eine Überraschung: Unser Bibelvers, auf den wir heute besonders blicken stammt aus der Zeit nach einer Katastrophe. Ein Krieg war verloren, ein Staat zerstört, die Hauptstadt verbrannt und in Trümmern, der Mittelpunkt des religiösen Lebens dem Erdboden gleich gemacht. Das war im Jahre 587 vor Christus. Die Babylonier hatten das Reich Juda ausgelöscht und den Tempel Salomos eingerissen. Das Leid der Besiegten ist kaum vorstellbar.

Menschen, denen alles genommen ist, wenden sich auf einmal wieder Gott zu, erwarten, dass er ihr Schicksal wenden kann. Und dann diese Worte. "Der Herr verstößt nicht ewig; sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte." Überlebende der Katastrophe, Menschen, denen alles genommen ist, wird das zugesprochen.

Vielleicht mag jemand denken, dies sei nur die Bestätigung der Binsenweisheit "Not lehrt beten." Als letzter Hoffnungsschimmer, wenn alles aus scheint. Der verzweifelte Griff zum Strohhalm des Übersinnlichen; der Blick nach oben, wenn die Augen den Anblick unten nicht mehr ertragen. Aber diese Erklärung wäre nicht nur zynisch, sondern auch zu kurz gedacht.

Denn Gottes Barmherzigkeit übersteigt alle unsere Vorstellungen. Auch wenn wir es nicht verdient hätten gilt seine Barmherzigkeit. Das ist wahre Größe! Das ist Gott! Er befreit uns nicht auf Knopfdruck aus einer misslichen Situation. Er hört auf unsere Gebet - nicht immer in Windeseile. Gott handelt oft ganz anders, als wir uns das wünschen. Doch bei echter Reue, dürfen wir mit seinem Erbarmen und seiner Güte rechnen. Was für ein Privileg.

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