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Ein Jahresrückblick auf die Kirchen

Der Countdown für das Reformationsjubiläum hat begonnen.

2016 war aus Sicht der Kirchen im allgemeinen und der ev. Kirchen im Besonderen ein Jahr der Vorbereitungen auf das bevorstehende Reformationsjubiläum. Für evangelische Christen wird 2017 ein Jahr zum Feiern, da Martin Luther vor 500 Jahren mit der Veröffentlichung seiner Thesen die Reformation eingeleitet hat. Michael Klein von der Aktuell Redaktion berichtet über die Vorbereitungen dazu und andere kirchliche Ereignisse im zurückliegenden Jahr.

ERF Medien: Was hat denn das kirchliche Leben im abgelaufenen Jahr besonders geprägt? 

Michael Klein: Insgesamt ist mir aufgefallen, dass die Kirchen zunehmend wieder gefragt sind und gehört werden – ja dass kirchliches Engagement in der Gesellschaft von politischer Seite zunehmend eingefordert wird. Das hat sich zum Beispiel gezeigt, als es darum ging, die Flüchtlingswelle zu bewältigen. Da fiel Politikern diverser Parteien plötzlich auf, dass die Kirchen ein großes Potential an Hilfsbereitschaft vorhalten.

Über alle konkreten Hilfsaktionen in vielen Gemeinden und Gruppen hinaus ist mir eine Trendwende aufgefallen. In den allfälligen Debatten um die gesellschaftliche Identität und die Definition des Begriffes „christliches Abendland“ haben die Kirchen in diesem Jahr viele Gelegenheiten genutzt, die Eckdaten des christlichen Menschenbildes und das Gebot der Nächstenliebe aktiv in die Auseinandersetzungen einzubringen.

Um ein biblisches Bild zu wählen: In vielen Stellungnahmen haben Kirchenvertreter aller Konfessionen ihr Licht nicht unter den Scheffel gestellt.Das hat sich auch und gerade in den vergangenen Tagen, in den schweren Stunden nach der Amokfahrt in Berlin gezeigt. Da habe ich es als sehr angemessen wahrgenommen, dass der EKD-Ratsvorsitzende darauf verwiesen hat, dass die Botschaft vom Licht, das durch Jesus in die Welt gekommen ist, auch diese Finsternis durchdringen kann.

ERF Medien: Zurück zum Reformationsjahr. Das ist ja am 31. Oktober dieses Jahres offiziell eröffnet worden. Inwieweit haben die Vorbereitungen dieses Jahr geprägt?

Michael Klein: 

Die Vorbereitungen auf die großen Jubiläumsfeiern im Oktober 2017 laufen bereits seit 2007. Da begann die Dekade zum Reformationsjubiläum. Und in der Organisation der Feiern läuft vieles unbemerkt und aus meiner Perspektive ziemlich unaufgeregt. Was in diesem Jahr deutlich zu spüren war, war die ökumenische Komponente. Für viele Katholiken, vom Papst bis zu Menschen in den Gemeinden, ist die Reformation nicht mehr die „Urkatastrophe“, sondern eine Bereicherung und ständige Anfrage. Natürlich gibt es auf beiden Seiten harsche Kritik – man unterstellt den jeweiligen Kirchenleitungen gern einen „Kuschelkurs.“ Da kann man eigentlich nur an das hohepriesterliche Gebet Jesu erinnern: „Vater, ich will, dass alle eins seien.“

Das hat sich unter anderem niedergeschlagen im gemeinsamen Besuch des Ratsvorsitzenden der EKD und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in Israel. Dass die beiden Kirchenvertreter beim Besuch des Tempelberges keine Amtskreuze trugen, ist von vielen Seiten heftig kritisiert worden. Und der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat hinterher eingeräumt, dass das keine so glückliche Entscheidung gewesen sei.

ERF Medien: Zum Beginn des Jubiläumsjahres ist ja eine Revision der Lutherbibel vorgestellt worden. War das nötig?

Michael Klein: Ich frage mich da immer: War der Wirbel nötig? Immer, wenn die Bibel neu übersetzt wird, ist in bestimmten Kreisen Heulen und Wehklagen zu hören. Ich erinnere mich gut an die Vorstellung der revidierten Lutherübersetzung von 1984. Da war von „Anbiederung an den Zeitgeist“ die Rede, vom „Ausverkauf der biblischen Botschaft“. Und genau dieselben Sprüche waren jetzt wieder zu hören, als man sich anschickte, wieder näher an Luthers Urfassung heranzurücken und etliche unglückliche Übersetzungen zu korrigieren. Jede Bibelübersetzung spiegelt den Zeitgeist wider. Luthers eigene übrigens auch. Mir kommt es beim Lesen der Bibel nicht darauf an, Buchstabenklauberei zu treiben. Ich stelle mir die Frage, was Gott mir durch sein Wort sagt. Und das geht eigentlich mit jeder guten Übersetzung. 

In der ev. Kirche wird nun die neue Übersetzung verwendet. Man wird mit ihr leben können – bis zur nächsten Revision. Dann werden sich wieder dieselben Leute aufregen, wenn sie denn noch leben.

ERF Medien: Vielen Dank für das Gespräch.

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