10.11.2025 / Bibel heute

Die Erneuerung Israels durch Gottes Geist

Und des HERRN Wort geschah zu mir: Du Menschenkind, als das Haus Israel in seinem Lande wohnte und es unrein machte mit seinem Wandel und Tun, dass ihr Wandel vor mir war wie die Unreinheit einer Frau, wenn sie ihre Tage hat, da schüttete ich meinen Grimm über sie aus um des Blutes willen, das sie im Lande vergossen, und weil sie es unrein gemacht hatten durch ihre Götzen.[...]

Hesekiel 36,16–32

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Vor Jahren hat der damalige Bundespräsident Roman Her­zog eine berühmte Rede ge­halten. Er war gerade von einer Asi­enreise zurückgekommen. Und da war er noch ganz erfüllt von der Dy­namik dort. Und darum meinte er bei seiner ersten Rede in Berlin: Was sehe ich hier in Deutschland? Hier herrscht Mutlosigkeit. Ein Gefühl der Lähmung liegt über unserer Gesellschaft. Jeder einzelne sucht seinen eigenen Vorteil. Und dann sprach er den berühmt gewordenen Wunsch aus: Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.

Roman Herzog hatte auf seiner Reise zuversichtlichere Men­schen erlebt als da­heim. Und aus die­sem Vergleich wuchs in ihm die Sehn­sucht: durch Deutschland muss ein Ruck gehen.

Dieses Wort vom „Ruck“ weckt noch eine ganz andere Sehnsucht. Sie lässt sich so umschreiben: Durch mein Leben muss ein Ruck ge­hen, dass es mehr Strahlkraft bekommt. Durch meine Familie muss ein Ruck ge­hen, damit unsere Kinder mehr Geborgenheit erleben. Durch unsere ganze Kir­che muss ein Ruck gehen, damit sie wieder Hoffnung wecken kann.

Aber wieso dürfen wir so etwas erwarten? Auf diese Frage gibt es nach meiner Überzeugung nur eine einzige Antwort: Allein das Versprechen Gottes ermutigt uns, einen Ruck der Belebung zu erwarten. Diesem Verspre­chen Gottes be­gegnen wir an vielen Stellen in der Bibel.

In unserem heutigen Bibeltext hören Sie es be­sonders deut­lich:

Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. (27) Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.

Es sind großartigen Zusagen, die uns Gott hier gibt. Zusagen, die mich vertrauen lassen, dass Gott auch bei uns etwas bewegen wird.

Gott will. Dies ist die stärkste Ermuti­gung dafür, eine Erneuerung unserer Gemein­den und unseres Lebens zu erwarten. Gott sagt selber: ich will. Darum also dürfen wir auch zu­versichtlich um den Heiligen Geist beten. Gott sel­ber will unsere geistliche Bele­bung. Und wir sollten da­bei das Gebet aus China immer mit bedenken. Es lautet: „Herr, erneuere deine Kirche und fange bei mir an. Mein eigenes Herz, mein eigenes Leben soll zuerst ein Ort der Erneuerung sein.“

Ja, Gott spricht von einem neuen Herzen. Die­ses neue Herz, das auf Gott vertraut und ihm folgt, das schenkt ganz allein der Gott, der zuvor enttäuscht worden war.

Gott aber bleibt treu. Und nun verspricht Gott wieder: ich will. Alle, die zum Gottes­volk Israel gehören, sollen mit diesem neuen Herzen beschenkt werden. Und damit wird ein ganz neuer Bund mit Gott geschlossen. Ein Bund von bisher nicht gekannter Qualität.

Jahr­hunderte später hat Jesus durch seine Lebenshingabe am Kreuz diesen Bund auch auf die Völkerwelt aus­geweitet. So gehören auch wir hinein in diesen Bund.

Dieser neue Bund Gottes unterscheidet sich an einer Stelle grundlegend vom

Sinaibund: Nämlich bei den Ge­boten. Beim Sinaibund standen die Gebote auf Tafeln geschrieben. Jeder konnte sie lesen und ausge­legt bekommen. Aber die­ses Hören und dieses Lesen machte die Menschen nicht gehorsam. Sie kannten zwar die Gebote. Aber sie befolgten sie trotzdem oft nicht.

Jetzt aber schafft Gott etwas völlig Neues. Er sagt hier: mit diesem neuen Herzen werdet ihr meine Gebote gerne befolgen und danach handeln. 

Herzen kann nur Gott verändern. Und wenn er das macht, dann werde ich froh.

Viele fragen natürlich mit Recht: Wo und wann ge­schieht das denn, dass unsere Herzen so eindeu­tig mit dem Willen Gottes eins werden? Und da lautet zunächst die ernüchternde Ant­wort: Bisher gab es nur ein einziges Herz, das völlig mit dem Willen Gottes eins war. Dieses eine Herz war das Herz Jesu. Er allein konnte von sich sagen: Das ist meine Speise, dass ich den Willen Gottes tue.

Aber die Zusagen des Hesekiel erfüllen sich auch an denen, die sich von Jesus in den Neuen Bund hineinrufen lassen. Dann beginnt Gottes Geist, unsere Herzen zu wandeln. Paulus sagt einmal: Wenn wir bei Jesus und in ihm sind, dann sind wir eine neue Kreatur.

Und darum dürfen wir beten:

Gib in unser Herz und Sinnen Weisheit, Rat, Verstand und Zucht,
dass wir anders nichts beginnen, als nur, was dein Wille sucht.
Dein Erkenntnis werde groß und mach uns vom Irrtum los. (EG 134, 2)

Noch leben wir in der Zeit, wo wir darauf angewiesen sind, dass Gott selbst unser Herz immer wieder erneuert. Paulus sagt einmal über un­sere jetzige Zeit: „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“ (1. Korinther 13,12)

Ja, am Ende der Tage, im Reich Gottes, wer­den wir Gott von An­gesicht zu Angesicht sehen. Mit einem ganz und gar erneuerten Herzen. Darauf gehen Christen zu.

Roman Herzog hatte von einem Ruck durch unser Land gesprochen.

Der heutige Bibeltext sagt uns: Gott selber will die­sen Ruck schenken. Gott selber will unsere Erneuerung schaffen. Vielleicht in vielen kleinen Veränderungen. Vielleicht auch durch Erschütterungen, die uns aufhorchen lassen. Aber er will!

Lasst uns da­rum in großer Erwartung bleiben. Lasst uns bitten: Herr höre meine Stimme, wenn ich rufe, sei mir gnädig und erhöre mich. Schenk mir, schenke unseren Kirchen einen Ruck des Neu­anfangs, der auch unserem Volk zum Segen wird. Auch heute an diesem Tag. Amen. 

Autor/-in: Pfarrer Klaus Schlicker