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© Steinby / Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0]

31.07.2014 / Kommentar / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Der Leitwolf tritt ab

Wieso für mich Philipp Lahm ein Beispiel für richtig verstandene Leiterschaft ist.

Nicht einmal eine Woche nach der WM erreichte mich eine Nachricht, die mich sehr überraschte, wenn nicht sogar schockierte: Philipp Lahm gab seinen Platz in der deutschen Fußballnationalmannschaft auf. „Wieso tut er das?“, war mein erster Gedanke.

Als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft war er immer ein zuverlässiger Leistungsträger im deutschen Team. Sein Engagement und seine Fähigkeiten als Fußballer haben dazu geführt, dass sein Platz in der Nationalmannschaft nie in Frage gestellt wurde. Auch bei dieser WM hat Lahm überzeugt. Einen objektiven Grund für seinen Rücktritt gab es nicht. Es ist schlicht unbegreiflich, wieso Lahm so kurz nach dem Erreichen des Ziels der Weltmeisterschaft seinen Platz im deutschen Team aufgibt.

Philipp Lahm – sympathisch und doch streitbar

So unverständlich mir dieser Rücktritt bleibt, zollt mir Philipp Lahms Handeln auch Respekt ab. Insgesamt war Philipp Lahm noch nie völlig berechenbar. Einerseits zeichnet er sich beim Spiel und im Umgang mit Teamkollegen und Presse durch Umsicht und Fairness aus. Gleichzeitig beliebt es Herr Lahm auch manchmal klare Kante zu zeigen ‒ zum Beispiel mit seiner Autobiografie, für die er seinerseits viel Kritik erntete.

Philipp Lahm ist einer, der sich seine Kämpfe aussucht. Unbedachte Worte kommen ihm selbst nach einem anstrengenden Spiel nicht über die Lippen. Gegenüber vielen anderen Fußballspielern wirkt er geradezu bieder und brav. Aber wenn ihn wirklich etwas stört, kann er ganz schön unbequem werden. Als Kapitän der Nationalmannschaft und des FC Bayern München weiß er, welche Verantwortung auf ihm lastet und nimmt diese auch wahr.

Das Leben ist mehr als Profisport

An Philipp Lahm und seinem Rücktritt wird für mich einiges in Bezug auf gute Leiterschaft deutlich. Zum Ersten: Ein guter Leiter weiß, wann es Zeit ist zu gehen. Klar, Philipp Lahm müsste noch nicht gehen. Körperlich wird er sicherlich noch einige Jahre auf höchstem Niveau spielen können. Aber Philipp Lahm ist sich auch bewusst, was ihm dies abverlangen würde, und entscheidet sich bewusst dagegen. Er will „Entscheidungen treffen, bevor sie ihn einholen“.

Vielleicht denkt Lahm bei diesen Worten auch an seinem Vorgänger-Kapitän Michael Ballack, der es wegen diverser Verletzungen nicht mehr in den Kader der Nationalmannschaft geschafft hat. Lahm jedoch tritt zurück, bevor diese Entscheidung von außen an ihn herantritt, und zeigt damit klar: Es gibt im Leben noch mehr als Profisport.

Es geht auch ohne mich

Dies ist ein zweites Zeichen guter Leiter: Sie wissen, es gibt mehr als meine Aufgabe als Leiter. Sie leben nicht allein für ihre Leitungsverantwortung, sondern haben auch ein Leben neben Arbeit und Dienst. Hier kann Philipp Lahm auch Vorbild für christliche Leiter sein. Er schraubt bewusst zurück, bevor die Doppelbelastung in Nationalmannschaft und Verein über seine Kräfte geht. Gleichzeitig weiß er dabei: „Es geht auch ohne mich.“

Gerade diese dritte wichtige Erkenntnis fällt vielen christlichen Leitern schwer. Schließlich geht es dort um mehr als einen Titel. Auch hier tut es manchmal Not, einen Schritt zurückzutreten. Denn genauso wie in der deutschen Nationalmannschaft ein neuer Außenverteidiger nachrücken wird, wird sich jemand anderes für die wichtige Aufgabe finden, die man selbst aus diversen Gründen nicht mehr wahrnehmen kann.

Jeder Leiter braucht einen Ersatzspieler

Das bringt mich zu dem vierten wichtigen Punkt: Der Nachfolgerfrage. Durch Philipp Lahms Austritt aus der Nationalelf wird sich neu die Frage stellen: Wer übernimmt die Aufgabe des Außenverteidigers? Denn auch wenn Lahm bei dieser WM vornehmlich für das Mittelfeld geplant wr, bot er für Joachim Löw einen willkommenen Joker als Außenverteidiger. Gerade diese Position hat ihm seinen Ruhm als Profifußballer eingebracht.

Hier wird Joachim Löw nun neu denken müssen. Ein ähnliches Problem kann auch in christlichen Gemeinden und Vereinen eintreten, wenn eine wichtige Leitungsperson plötzlich abtritt. Deshalb bietet es sich an, als Leiter einen zweiten Mann zu haben, den man anleitet und der bei Bedarf Aufgaben übernehmen kann. Beim Fußball gibt es dafür einen Ersatzspieler, über ein ähnliches Konzept sollten auch Gemeinden einmal nachdenken.

Es lässt sich vom Profifußball also so manches für das Leben als Christ lernen. So ganz bin ich trotzdem noch nicht mit dem Rücktritt von Philipp Lahm versöhnt. Schließlich folgt daraus, dass ich nun Bayern-Spiele gucken muss, um einen meiner Lieblingsfußballer spielen zu sehen. Vielleicht ein etwas zu großes Opfer?!

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Sie schätzt an ihrem Job, mit verschiedenen Menschen und Themen in Kontakt zu kommen. Sie ist verheiratet und mag Krimis und englische Serien.

Ihr Kommentar

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Kommentare (6)

Hans H. /

Es ist traurig, wie wenig dieser Autor des Kommentars über Phillip Lahm verstanden hat. Es geht doch nicht darum, wie viel Herr Lahm verdient. Sondern es ging dem Verfasser darum, die Verantwortlichkeit eines Leiters herauszustellen. Viele Grüße an jeden Gemeinde oder anderen Leiter.

Wolfgang L. /

..."Lahm ausgesorgt", klar aber auch Gemeindeleiter haben längst ausgesorgt, sollen sich ja gar nicht sorgen, wenn sir evangeliumsgemäss leben. Wieviele jedoch bleiben aber am Leitersessel kleben, mehr

Uschi /

Liebe Leute, was vergleicht Ihr denn miteinander. Fußball spielen oder nicht: das zählt doch vor Gott kaum. Und ein solcher Spieler ist unsinnig reich.
Ich habe über 40 Jahre eingezahlt und bekomme mehr

Michel G. /

Mal langsam. Philipp ist einer der best verdienensten Fussballer. Er ist recht bodenständig; die fünfeinhalb Wochen Brasilien waren lang für ihn als jungen Familienvater der gerne zuhause ist. Er mehr

Hans S. /

Der Artikel ist sehr gut. Es wäre wünschenswert, wenn Personen aus der kirchlichen und politischen Gemeinde auch so handeln würden.

Erwin S. /

Super Artikel

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