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02.06.2010 / Interview / Lesezeit: ~ 9 min

Autor/-in: Hanna Keller

Mein Mann war pornosüchtig

Was tun, wenn er von den Bildern im Netz nicht loskommt? I. Jacobs hat zusammen mit ihrem Mann den Absprung geschafft.

Die Ehe von Ilona Jacobs wäre an der Pornosucht ihres Mannes fast zerbrochen. Heute erzählt sie ihre Geschichte, um anderen betroffenen Frauen und ihren Männern zu helfen. ERF.de hat mit der Autorin über ihr Buch und den langen Weg zur Heilung gesprochen.


ERF: Ihr Buch hat den Titel „Ich war eine von vielen“. Ist Pornographie wirklich für so viele Ehen und Partnerschaften ein Problem?

Ilona Jacobs: Der Titel beschreibt die Gefühle, die ich hatte. Frauen, die einen pornosüchtigen Mann haben, fühlen sich als ob sie eine von so vielen anderen wären, wenn sie die Models in der Werbung oder die Pornostars in den Filmen und den Hochglanzmagazinen sehen. Ich pflegte zu meinen Mann zu sagen: Ich bin Nummer 139. Ich bin nicht deine Nummer eins. Diese Art zu denken hatte zur Folge, dass ich mich furchtbar und wie weggeschmissen fühlte.

Die andere Seite der Medaille ist, dass Pornosucht tatsächlich ein weitverbreitetes Problem ist. Wenn ein Mann nicht darüber spricht, denkt er, dass er der einzige ist, dem Pornographie zu schaffen macht. Andererseits befürchtet er, dass seine Frau ihn für krank oder seltsam hält, wenn er offen über seinen inneren Kampf spricht. Er schämt sich vor ihr, seinen Freunden, seinen Eltern. Aus diesem Grund war ich eine von so vielen anderen, die alleine waren im Kampf gegen etwas, das unter den Teppich gekehrt wird.

„Ich bin gut genug für meinen Mann.“

ERF: Wie haben Sie reagiert, als Sie gemerkt haben, dass Ihr Mann pornosüchtig ist?

"Es gibt verschiedene Möglichkeiten, auf das Chaos der Gefühle zu reagieren, das eine Frau erlebt, die mit einem pornosüchtigen Mann lebt. In Matthäus 18,15-17 wird eine gute Möglichkeit beschrieben, wie man reagieren kann: Sprich mit einem Freund über die Probleme.
So viele Ehen, die mit Pornographie Probleme haben, haben keine echten Freunde oder sie vertrauen sich niemandem damit an. Wenn die Pornosucht eines Mannes sich zum Ehebruch steigert, ist es noch schwieriger, mit jemandem darüber zu reden." Ilona Jacobs

Ilona Jacobs: Ich bin durch verschieden Stufen gegangen. Zuerst habe ich auf eine non-verbale Art verhandelt. Ich habe mir sexy Unterwäsche gekauft, um von meinem Mann akzeptiert zu werden. Als ich dann gemerkt habe, dass sich seine Art mich zu lieben nicht verändert hat, habe ich angefangen, ihm Vorträge zu halten. Das geschah jedes Mal, wenn ich oder unsere Kinder ihn dabei erwischt haben, wie er Pornos schaut. Aber ich habe ihm nie Grenzen gesetzt oder Konsequenzen folgen lassen.

In Krisenzeiten habe ich viele Dinge getan, damit er sein Verhalten überdenkt. Zusammen mit den Kindern habe ich das Haus für ein Wochenende verlassen und kam mit einer Liste mit Forderungen zurück. Ich wollte damit erreichen, dass er seiner Familie aktiv zeigt, dass er sie liebt. Und so viele Male hat er versprochen, dass er sich verändert.

Aber er konnte in seiner Anfälligkeit und in seinem sündigen Verhalten dem Teufel nicht widerstehen. Die letzte Krise, die ich in meinem Buch beschreibe, ist diejenige, bei der ich von ihm verlangt habe, dass er auszieht. Ich hatte einfach genug von all den Lügen und gebrochenen Versprechen. Das war eine äußerst gefährliche Situation für unsere Ehe.
 

ERF: Bei den meisten Betroffenen ist das Selbstwertgefühl stark angeknackst. Man fragt sich, ob man dem eigenen Mann nicht genug zu bieten hat, weil er noch andere Quellen benötigt. Wie war das bei Ihnen?

Ilona Jacobs: Mein Mann war abhängig, bevor er mich kennengelernt hat. Das ist in vielen Fällen so. Jeder Mann sehnt sich nach einem normalen Familienleben und die meisten denken, dass ihre Probleme aufhören, wenn sie heiraten. Nach den Flitterwochen merken sie dann, dass das nicht stimmt. Die Versuchung zieht ihre Herzen weg von Gott und weg von ihren Frauen.

Mir hat es sehr geholfen, dass ich mich informiert habe. Das sollte jede Frau machen. Ich habe auch versucht, meine Gedanken zu verändern. Ich versuchte mir klar zu machen, dass die Pornomodels von den Filmbossen gekauft sind, sie werden von ihnen nur als Ware benutzt.

Bevor ich mein Denken verändert habe, war ich auch in diesem Netz von Selbstzweifeln gefangen. Ich habe Diäten gemacht, Make-up Kurse besucht und mich so sexy wie möglich gekleidet. Ich musste lernen, dass ich nicht der Grund für die Abhängigkeit meines Mannes bin. Der Grund dafür liegt in seinen Gedanken. Er denkt, dass ich nicht reiche und dafür ist er verantwortlich.

Ich bin die Messlatte, an der mein Mann Schönheit messen sollte. Das ist Gottes Wille. Mein „Adam“ sollte sagen: „Wow, das ist Fleisch von meinem Fleisch.“ Und er sollte mich sein ganzes Leben lang lieben, so wie Christus die Gemeinde liebt.

Ich kenne Gott, er will das Beste für mich. Er hat mich so gemacht, wie er mich wollte. Ich bin gut genug für meinen Mann. Über diese Tatsachen sollte eine Frau nicht mit ihrem Mann diskutieren. Stattdessen sollte sie ihn lieben und ihn ermutigen. Sie kann ihm sagen, dass sie glaubt, dass er mit Jesu Hilfe diesen Kampf gewinnen kann und dass sie für ihn betet. Ich weiß, es klingt unmöglich, das zu leben. Aber ich habe es getan und heute erlebe ich in meiner Ehe viel Freude.  

„Ich war Teil des Spiels.“

ERF: Sie sagen, dass Sie Ihr Denken verändert haben. Schreiben Sie deswegen in Ihrem Buch so viel über sich und weniger über die Sucht Ihres Mannes selbst?

Ilona Jacobs: Mein Mann hat mir zum Zeitpunkt unserer Hochzeit nichts über seine Abhängigkeit gesagt. Ich hatte auch nicht den Mut herauszufinden, warum mein Mann mich nicht so behandelt hat, wie ein Ehemann seine Frau behandeln sollte. Hätte ich das getan, hätte ich ihm in Liebe sagen können, dass er sich falsch verhält.

Mein Mann ist ein liebender, fürsorglicher, freundlicher Mann. In allen Gebieten seines Lebens, außer diesem einen, war er toll. Als diese Sache so aus dem Ruder lief, war ich selbst abhängig davon, durch meinen Mann und andere Menschen bestätigt zu werden. Das hat alles nur verschlimmert.

Ich habe gemerkt, dass ich ein Teil des Spiels war und dass ich herausfinden musste, wo meine eigenen Abhängigkeiten waren und was ich für mein Leben wollte. Wer ich sein wollte. Erst dann konnte ich wieder auf meinen Mann zugehen. Ich musste mich fragen, was ich aus dieser Situation lernen musste. Was ich verändern musste, so dass sich das Verhalten meines Mannes ändern würde.

Außerdem hatte ich so viele Fragen: Wie kann ich es lernen, meinen Ärger abzulegen und meinem Mann gegenüber besser zu reagieren? War dieses Problem überhaupt lösbar oder musste ich diese Sünde in unserer Ehe akzeptieren? Wie kann ich „Nein“ zu seiner Sünde sagen und meinen Mann gleichzeitig lieben?

Mir hat ein Online Kurse von Setting Captives free sehr geholfen, um mich durch diese Gefühle und Gedanken durchzuarbeiten. Ich habe herausgefunden, dass Jesus auch im Bezug auf die Pornosucht meines Mannes mein Retter ist. Dass Gott mein Vater ist, der mir auch in dieser Sache helfen will.


ERF: Viele Frauen sind unsicher, ob und wie sie ihren Mann konfrontieren sollen. Was ist Ihrer Meinung nach die beste Vorgehensweise?

Ilona Jacobs: Auf alle Fälle sollte man den Ehemann konfrontieren. Aber man sollte es machen, nachdem man darüber gebetet hat, wann und wie die beste Art dafür ist. Ein Mann ist in dem Moment, in dem man ihn darauf anspricht, sehr verletzlich. Ich weiß, dass ich es falsch gemacht habe.

Meine ärgerlichen Worte haben dazu geführt, dass er kreideweiß im Gesicht wurde, dass er mich anlog und Angst vor mir bekam. Ein Frau sollte sich auch bewusst sein, dass er nicht so reagieren wird, wie sie es sicht wünscht.

Ich würde einer betroffenen Frau sagen: Bete für Weisheit und versichere ihm, dass du zu ihm stehst. Frage ihn auch, was er tun wird, um das Problem zu lösen. Sucht er sich Hilfe? Wie wird er es dir gegenüber wieder gut machen? Wird er einen Internetfilter einsetzen, den Fernseher rausschmeißen oder seinen mobilen Internetzugang beschränken?


ERF: Den meisten Männern tut ihr Verhalten leid und sie wollen sich ändern. Was tun, wenn diese Einsicht nur halbherzig umgesetzt wird oder erst gar nicht vorhanden ist?

Ilona Jacobs: Wenn er pornosüchtig ist, musst du damit rechnen, dass er sich nicht ändern kann. Das ist so bei einer Sucht. Er braucht Hilfe im Bezug auf viele Dinge in seinem Leben. Es ist seine Verantwortung, diese Hilfe zu suchen. Wenn er das tut, erkennt er sein Problem an. Wenn er es nicht tut, leugnet er das Problem vielleicht. Denke nicht, dass du sein Problem ändern kannst. Du kannst es nicht! Was du tun kannst, ist zu lernen, wie du in deinem eigenen Leben mit Gefühlen wie Angst, Einsamkeit, Ärger und Stolz umgehen kannst.

„Ich fühle mich stärker.“

ERF: Und was, wenn er trotz Therapie und Arbeit an sich selbst rückfällig wird?

Ilona Jacobs: Für meinen Mann war es ein langer Weg. Sogar nachdem er das Haus verlassen musste und sich in einer Therapie durch die Krise durchgearbeitet hat, wurde er rückfällig. In den letzten Wochen sehe ich, wie er darin wächst, Gott, mich und die Kinder zu lieben. Er ist gerne mit Gott zusammen. Er geht gerne zur Kirche. Er ist gerne mit mir zusammen. Früher war ihm die Arbeit immer wichtiger als ich oder die Kinder. Das ist vorbei. Er setzt andere Prioritäten. Die Arbeit ist ihm immer noch wichtig, aber Gott und seine Ehe bedeuten ihm mehr.

Ich weiß, dass es sein kann, dass er wieder schwach wird. Aber ich fühle mich selbst so viel stärker, was das angeht. Gott hat mir klar gemacht, wie wertvoll ich in Jesus Christus bin. Nichts kann diesen Wert verändern, nichts kann Gottes Liebe für mich verändern. Das Loch in meinem Herzen ist endlich gefüllt.

Von Gott kommt die Zustimmung für mein Leben. Ich freue mich darüber, dass Gott mir Mut macht, meinen Mann zu lieben, unabhängig von dem, was er tut oder was er ist. Liebe ist eine Entscheidung und nicht ein Gefühl. Liebe ist eine Vielzahl von kleinen Dingen, um Respekt und Annahme zu zeigen, Sicherheit und Wärme anzubieten. Wenn du das tust, wirst du mehr Freude darüber erfahren, als dir die Liebe deines Mannes je bieten könnte.


ERF: Ihre Ehe ist trotz der Pornosucht ihres Mannes wieder heil geworden, auch wenn es ein langer und mühsamer Weg für Sie beide war. Wie geht es Ihnen heute?

Ilona Jacobs: Wir sind immer noch in Therapie. Es gibt keine zwei Menschen, die so verschieden sind wie mein Mann und ich. Wir müssen so viel lernen. Aber wir haben immer noch unseren Humor und lachen zusammen. Wir haben unsere Art, uns zu lieben und sind damit mehr oder weniger zufrieden. Wir lernen, wie wir geistlich erwachsen werden können. Ein Erwachsener liebt sich selbst und seinen Partner wie seinen eigenen Körper.

Im Mai 2010 waren wir 30 Jahre miteinander verheiratet und wir sind Gott und einander sehr dankbar. Wir planen gemeinsame Zeiten und arbeiten an uns. Wir merken mehr denn je zuvor, wie wichtig es ist, in uns zu investieren. Das ist nicht einfach, denn es braucht viel Kraft. Wir wissen, dass wir noch nicht fertig sind, aber wir wissen auch: In all unserer Schwäche ist Gott nicht weit weg. Er wird uns helfen, wenn wir uns unfähig fühlen, die Dinge zu tun, die wir tun müssen.


ERF: Vielen Dank für das Gespräch!
 

Ilona Jacobs erzählt ihre Geschichte in dem Buch „Ich war eine von vielen“. Zu jedem Kapitel gibt es einen abschließenden Teil mit Anregungen und Fragen. Die Leserin erhält so die Möglichkeit, sich mit ihren Gedanken, Gefühlen und ihrem Verhalten auseinanderzusetzen. Das Buch basiert auf dem christlichen Menschenbild, biblische Texte und Impulse sind Grundlage für den Vertiefungsteil.

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Kommentare (17)

chief /

Liebe Männer
Wolt ihr beim Sex an die Models denken die ihr im Internet auf irgendeiner Pornoplattform gesehen habt oder ist euch eure Frau wichtig.?
Es gibt ein altes Sprichwort: "Womit man sich mehr

Bigi /

Oh Mann, ich glaub es nicht. Die armen Maenner sind Pornosuechtig. Ja, so kann man sich gut rausreden. Das hat etwas mit Charakter zu tun. Wenn ein Mann sich entscheidet andauernd Pornos zu mehr

Kerstin /

Danke für diesen tollen Artikel. Ich bin jetzt seit 8 Jahren verheiratet und mein Mann ist pornosüchtig seit seiner Kindheit. Ich hatte es anfangs gar nicht gewusst auch nicht das er ständig im mehr

Mag.phil. Stefan Grote /

Im Internet zählen Pornos zu den Anwendungen, die ein besonders hohes Suchtpotenzial haben. Schon bevor das Internet erfunden wurde, wurden pornographische Erzeugnisse konsumiert, was auch zu mehr

Julian /

Pornosucht ist eine Sucht die noch überhaupt nicht bekannt ist.. weil Leute nicht gerne darüber reden oder was ich glaube: Die Leute / Männer verharmlosen das ganze. Denn schon länger ist klar, dass mehr

Melanie /

Ich habe sorge, dass sich Frauen mit betroffenen Männerncon Ilona Jacobs ermutigt fühlen, ihre Männer vor die Tür zu setzen. In unserer Gmeinde scheint es grad modern zu werden??
Ich frage mich mehr

Christoph /

Als jemand der auch den Kurs von Setting Captures Free macht, kann ich sagen: dass ich nach fast 3 Monaten Freiheit, ohne Selbstbefriedigung und ohne Pornokonsum o.Ä., beim ersten Kurs-Versuch auch mehr

Juliane /

Es gibt aber auch die Theorie, dass Pornokonsum gar nicht viel mit Sexualität zu tun hat (der Psychologe Mario Brocallo hat ein paar Bücher dazu geschrieben)!
Juliane

Micha /

@Marcus
Herzlichen Glückwunsch: Dann hast Du die Frau bekommen, bei der es keine sexuellen Probleme gibt.
Frauen wollen umworben sein. Das sehe ich genau wie Du. Sie sollen sich beim Mann angenommen, mehr

Marcus /

@Micha.
Die wenigesten Frauen lassen ihren Mann mit Absicht sexuell verhungern! Das Bedürfnis der Frau ist umworben zu werden und das ist genauso hoch wie das Bedürfnis des Mannes nach Sex. Die Frage mehr

katharina burtscher /

lieber erf,
das interview mit ilona jacobs finde ich hochinteressant,
dankbar,
katharina burtscher

Micha /

Die Meinung von Günter kann ich voll unterschreiben. Ich will keine Frau verurteilen. Aber was für Kämpfe wirklich in einem Mann ablaufen, der seiner Frau und Gott treu sein will, wissen die mehr

farkas /

Bruder ps13914
Stimmt, "immer lockt das Weib" ist wirklich nicht neu. Neu ist allerdings schon dass, das "Locken" anscheinend Hintertürchen in der Gemeinde Christi gefunden hat, ungehindert hineinströmt und die stark toxische Wirkung innerhalb der Gemeinde sichtbar entfaltet.
mfg
Farkas

Gottfried Pendl /

@ps13914 v. 25.06.2010´;stimmt genau,denn solange wie man zurück schauen kann war das schon da und ist keine Mode Erscheinung mehr.Früher gab es schon Abbildungen von Sodomie was noch viel schlimmer mehr

ps13914 /

Bruder Pendl,
die Versuchung ist überall und schon immer: schauen sie mal Gemälde aus allen Jahrhunderten an oder Pompeji oder Ägypten, dann sehen sie, dass spärliche Kleidung schon immer ein Thema war.

günter /

nun das Ganze geht noch viel weiter.
Viele Männer leiden auch darunter, dass nicht nur die Ehefrau nicht so aussieht wie ein Pornomodel, sondern auch was Sex angeht, nicht das möchte, was der Mann mehr

Gottfried Pendl /

Diese Frau Jacobs hat es erzählt wie es im Leben wirklich abläuft und ein Buch geschrieben über das Thema,alle Achtung so einer Frau die so offen schreibt wie es ist wenn der Partner/Ehemann mehr

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