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08.02.2012 / Themenreihe Tagebuch / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Kim Rosta

Worte für die Nachwelt

John Lennon tat es, Anne Frank und Keith Green. Sie alle schrieben Tagebuch. Damit folgen sie einer langen, immer noch aktuellen Tradition.

 „Ich bin heute so unzufrieden, irgendwie unerfüllt. Ich suche etwas, womit ich meinen Durst nach Erfüllung stillen kann.“1 Diese Worte schreibt Keith Green am 3. Mai 1971 im Alter von 18 Jahren in sein Tagebuch. Seine Suche setzt er so lange fort, bis er vier Jahre später zum Glauben an Jesus Christus kommt. Damit findet er die ersehnte Erfüllung. Und doch erleidet er in seinem Leben immer wieder Höhen und Tiefen, ringt verzweifelt mit Gott, erlebt große Erfolge und Freude genauso wie Ängste und Glaubenskämpfe. All das dokumentiert er schriftlich. In einem Eintrag vom 17. Januar 1982 – ein halbes Jahr vor seinem Tod – schreibt er:

„Mein Gewicht nimmt ständig zu. Mein Gebetsleben schwächelt wie immer ziemlich. (…)Wenn ich jetzt vor Gericht stünde, würde ich in meinen Augen als Versager dastehen – hinter der Fassade eines großen Gottesmannes mit einer fantastischen christlichen Arbeit. Ja, in den Augen der Menschen habe ich Anerkennung gefunden, aber was ist mit Gottes Augen?“2

Greens Aufzeichnungen – ein authentisches Glaubenszeugnis

Greens Tagebuch ist  eine große Bereicherung und Ermutigung für viele Christen. Es ist faszinierend, gerade weil es ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit gedacht war. Green dokumentiert die einzigartige Geschichte, die Gott mit ihm schreibt – authentischer und ehrlicher als jede Biographie es könnte.

Für manche Menschen sind soziale Netzwerke wie Facebook und Co. bewusst oder unbewusst zum Tagebuch geworden. Doch der Inhalt der Einträge ist meistens recht banal. Was ich heute gegessen habe, wo ich war oder welcher Film mir gefällt, sagt nur bedingt etwas über meine Persönlichkeit aus. Wenn ich Gewinn aus dem Tagebuchschreiben tragen möchte, muss ich einen ehrlichen Einblick in mein Herz und meine Gedankenwelt gewähren. Das geht besser ohne Publikum.

Tagebuchschreiben ist also weder aus der Mode gekommen, noch ausschließlich eine Sache für pubertierende Mädchen. Das Aufzeichnen von Erlebnissen und persönlichen Gedanken hat folgende Vorteile.

Tagebuchschreiben hilft, Ziele zu setzen und den Fokus zu behalten

Viele Menschen setzen sich gerne neue Ziele. Am Anfang des Jahres, nach einschneidenden Erlebnissen oder bei allgemeiner Unzufriedenheit mit dem eigenen Dasein. Ein Tagebuch kann mir dann helfen, den Fokus zu behalten. Ich kann meinen Weg zum Ziel beobachten und mich immer wieder fragen: Wo stehe ich? Wo möchte ich hin?

Tagebuchschreiben hilft, meine Beziehung zu Gott zu pflegen

Der Autor Gordon MacDonald sieht im Tagebuchschreiben eine große Bereicherung, besonders für seine Beziehung zu Gott: „Wenn ich das Gefühl hatte, der Heilige Geist stupst mich an oder weist mich zurecht, schrieb ich es auf. Wenn ich meinen Gedanken auf den Grund gehen wollte, fasste ich sie in Worte. Im Tagebuch testete ich meine Träume und Intensionen über verschiedene Dinge. Wenn ich mich meinem Tagebuch anvertraute, wurde mir mehr als einmal klar, wie dumm und kindisch meine Launen und mein Verhalten waren.“3

Ein Tagebuch kann also dazu dienen, Klarheit in meine Gedanken zu bringen und mir zudem einen Spiegel vor Augen halten: Womit beschäftige ich mich die meiste Zeit des Tages? Ist Gott die Hauptsache in meinem Leben oder nur ein Nebendarsteller? Ein Rückblick kann mir helfen, meine Prioritäten neu zu setzen.

Tagebuchschreiben hilft mir, Gottes Handeln zu erkennen

Sehr ermutigend ist es zudem, Gebetsanliegen zu notieren. Oft komme ich dann im Nachhinein ins Staunen darüber, wie Gott gehandelt hat. Ich erkenne im Rückblick Gottes Leitung in Situationen oder Lebensabschnitten, in denen ich Gottes Gegenwart vielleicht gar nicht gespürt habe. Das macht mir neu bewusst, wie oft sich Gott ganz unbemerkt um mich kümmert.

Ich bin kein Glaubensheld, aber…

Ich bin kein Keith Green. Und doch habe auch ich etwas weiterzugeben. Gott schreibt mit mir persönlich seine Geschichte, manchmal so unscheinbar, dass nicht einmal andere Menschen, sondern nur ich es wahrnehme. In meinem Tagebuch kann ich diese Geschichte dokumentieren. Zum einen für mich selbst: Wer weiß, an was ich mich noch erinnern kann, wenn ich alt und klapprig bin? Dann habe ich ein Stück Leben zum Nachlesen. Zum anderen für meine Mitmenschen: Es mag absurd klingen, aber warum nicht damit anfangen, der Nachwelt etwas zu hinterlassen?

Gordon MacDonald und seine Frau Gail sehen es als große Chance, ihren Kindern ihre Aufzeichnungen zu vermachen. So bekommen sie einen authentischen Einblick in das Leben ihrer Eltern: „Hier und dort werden sie auf den Seiten Geschichten aus ihrer Kindheit, ihrer Teenager- und Erwachsenenzeit lesen, so, wie ihre Eltern diese erlebt haben. Sie werden von unserer Liebe zu ihnen lesen, von unseren Hoffnungen und Sorgen. Aber was am wichtigsten ist: Sie werden in unseren Tagebüchern Aufzeichnungen über die Güte Gottes finden, sogar in den Zeiten, in denen einer oder wir beide gestolpert oder vom Weg abgekommen sind.“4

Tagebuchschreiben kann nicht nur mich, sondern auch andere bereichern. Die Aufzeichnungen von Keith Green haben es mir neu bewusst gemacht und mich ermutigt, wieder regelmäßig in mein Tagebuch zu schreiben. Sicher: Tagebuchschreiben ist nichts für jeden. Doch die Vorteile liegen auf der Hand.


Morgen stellen wir Ihnen in unseren Webtipps ausgefallene, hilfreiche und witzige Tagebücher vor. Vom Computerfreak bis zum Schreibmuffel - hier wird jeder fündig.

Lesen Sie am Freitag ein Interview mit der Autorin Bianka Bleier. Die selbsternannte „fromme Hausfrau“ schreibt seit über 30 Jahren Tagebuch. Vier davon hat sie bisher veröffentlicht.


Quellen:

1 Green, Melody (2001): Ich lasse deine Hand nicht los. Tagebuchnotizen und Impulse von Keith Green. Gerth Medien, Asslar. S.27.
2 Siehe Fußnote 1, S.106.
3 MacDonald, Gordon: Records of a Somewhat Ordinary Life; Ausschnitt übersetzt aus: http://www.christianitytoday.com/le/2009/february-online-only/recordsofordinarylife.html (zuletzt abgerufen am 7.02.2012)

4 MacDonald, Gordon: Records of a Somewhat Ordinary Life;Ausschnitt übersetzt aus: http://www.christianitytoday.com/le/2009/february-online-only/recordsofordinarylife.html?start=2 (zuletzt abgerufen am 7.02.2012)


 

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Clemens /

... schreibe seit späterer Jugend Tagebuch, im PC-Zeitalter auch eine Herausforderung, die richtige Form zu finden. Auch daher ist es interessant zu sehen, wie andere schreiben oder best. Probleme des Modus lösen.

Beate /

Mir hilft es ein Positiv Tagebuch zu führen
Dinge die positiv gewesen sind am Ende des Tages kurz notiert - es macht mich dankbarer

zilli /

Als meine Gedanken zu wirr wurden und sich nur noch drehten, da fing ich vor einem Vierteljahr an Tagebuch zuschreiben und ich bin ruhiger. Es tut gut, seine Gedanke zu sammeln !

Michael /

Interessanter Überblick mit guten Impulsen. Danke an die Autorin!

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