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/ Bibel heute

Jesus vor Pilatus

Mathias Christiansen über Markus 15,1-15.

Und alsbald am Morgen hielten die Hohenpriester Rat mit den Ältesten und Schriftgelehrten, dazu der ganze Hohe Rat, und sie banden Jesus und führten ihn ab und überantworteten ihn Pilatus. Und Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er aber antwortete ihm und sprach: Du sagst es. Und die Hohenpriester beschuldigten ihn hart.[...]

Markus 15,1–15

Der römische Statthalter Pontius Pilatus spielt in den Geschehnissen rund um die Kreuzigung Jesu eine zentrale Rolle. In der Zeit zwischen den Jahren 26 und 36 war er Gouverneur der besetzten Provinz Judäa. Sein Hauptquartier befand sich zwar in Cäsarea, während der jüdischen Feste jedoch hielt sich Pilatus für gewöhnlich in Jerusalem auf. Und hier wird er nun mit einer Situation konfrontiert, die ihm eine schwere Entscheidung abverlangt.

Früh am Morgen hatten sich die die Hohenpriester gemeinsam mit den Ältesten und Schriftgelehrten zusammengesetzt und beschlossen, Jesus dem amtierenden Statthalter zu übergeben, um ein Todesurteil gegen ihn erwirken zu lassen. Im von den Römern besetzten Gebiet hatten sie selbst kein eigenes Recht dazu.

Der Grund, warum die jüdische Führung Jesus töten wollte, war, dass er in ihren Augen Gott gelästert hatte (Markus 14,64). Für die Römer war das jedoch kein Anlass, jemanden tatsächlich zum Tode zu verurteilen. Um also erfolgreich zu sein, mussten die Mitglieder des Hohen Rates stattdessen etwas Anderes vorbringen, von dem sie annahmen, dass die Römer es als todeswürdige Straftat betrachteten. Und so stellten Sie Jesus als einen Rebellen, als einen Aufwiegler, als einen politischen Gegner des römischen Kaisers dar. Und überlassen alle weiteren Schritte Pilatus.

Der wiederum sieht sich nun einer Herausforderung ausgesetzt, die ihn fragen, zweifeln und fürchten lässt – und die letztlich in einer verhängnisvollen Entscheidung mündet.

Doch der Reihe nach.

Erstens: Pilatus hat Fragen

So fragt der Statthalter Jesus: „Bist du der König der Juden?“ Und Jesus antwortet darauf wahrheitsgemäß „Du sagst es.“ Denn Jesus war und ist ja tatsächlich der „König der Juden“. Nur: Das ist er weder politisch noch militärisch! Ihn einen „weltlichen Konkurrenten“ des Kaisers zu nennen, muss daher ins Leere gehen. Und das wird wohl auch Pilatus so gesehen haben. Dennoch beschuldigten die Hohenpriester Jesus schwer, weshalb Pilatus ihn fragt, warum er denn nicht darauf antworten würde. „Siehe, wie hart sie dich verklagen!“ (Vers 4) gibt er zu bedenken.

Doch Jesus antwortete nichts mehr – ein Verhalten, das Pilatus sehr überrascht, denn typischerweise verteidigt sich ein Angeklagter mit allen Mitteln! Jesus aber schweigt vor seinen Anklägern – und erfüllt damit exakt die sieben Jahrhunderte früher gemachte Vorhersage des Propheten Jesaja (Jesaja 53,7).

Pilatus würde gern mehr über Jesus erfahren, der aber schweigt. Aber so ist das manchmal – da schweigt Gott. Der Schöpfer des Himmels und der Erde, der König aller Könige und Herr aller Herren muss sich nicht verteidigen, muss nicht antworten. Dem Pilatus damals nicht und auch uns Menschen von heute nicht, die wir manchmal meinen, Klagen oder Vorwürfe gegen Gott vorbringen zu müssen.

Ganz am Anfang des Hebräerbriefes heißt es: „Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn“ (Hebr. 1,1-2a) – dieses Reden genügt vollkommen, um Jesus, sein Wesen und seinen Auftrag zu verstehen.

Hätte Pilatus darauf gehört, wären seine Fragen beantwortet gewesen. Nun aber tappt er im Dunkeln. Und bekommt es sogar mit der Angst zu tun. Und da bin ich bei ...

Zweitens: Pilatus hat Zweifel und Angst

Der Statthalter glaubte nicht an die Schuld Jesu und wollte ihn auch nicht zum Tode verurteilen (Johannes 18,38). Hinzu kommt, dass Pilatus, nachdem er auf dem Richterstuhl platzgenommen hatte, die eilige Nachricht seiner Frau erhielt, welche ihm ausrichten ließ: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute viel erlitten im Traum um seinetwillen“ (Matthäus 27,19).

All das dürfte zu einer großen Verunsicherung bei Pilatus beigetragen haben, denn er versuchte zunächst mit allen Mitteln, einer Verurteilung von Jesus aus dem Weg zu gehen.

So probierte er, sich eine Jerusalemer Tradition zunutze zu machen, nach der auf dem Fest ein Gefangener auf Wunsch des Volkes freigelassen werden konnte.

Pilatus wollte die Massen zur Freilassung von Jesus bewegen und bot ihnen die Wahl zwischen dem „König der Juden“ und einem Mann namens Barabbas an, einem berüchtigten Mörder. Doch wie überrascht war Pilatus, als sich das Volk dafür entscheidet, Barabbas freizulassen und nicht Jesus!

Zu all diesen Zweifeln und Befürchtungen kommt noch eine weltliche Angst: Die Angst vor Machtverlust, vor einem „Karriereknick“ und dem Zorn des Kaisers, wenn sich herumspricht, dass Pilatus einen angeblichen „Aufwiegler“ unbestraft gelassen hat.

Und diese weltliche Angst ist es dann letztlich wohl auch, die Pilatus zu seiner finalen Entscheidung treibt. Und so kommt es zu …

Drittens: Pilatus wählt den bequemen Weg

Letztlich siegt bei Pilatus die Angst vor dem eigenen Macht-, Ansehens- und Prestigeverlust. Und die ist offensichtlich größer als seine Sorge, sich eines Fehlurteils schuldig zu machen.

So wählt der Statthalter – zähneknirschend und mit vielen Bedenken zwar, letztlich aber mit Wissen und Wollen – den Weg, der ihm am ungefährlichsten und am bequemsten für seine eigene Zukunft erscheint: Er gibt Barabbas frei und lässt Jesus hinrichten. Ganz so, wie es die Massen verlangen. Pilatus wählt den breiten Weg.

Wie anders ist dagegen ein Mensch, der auf dem schmalen Weg geht! Der die Gebote und Gedanken Gottes ernst nimmt. Ein solcher Mensch lebt nicht mehr für sich, sondern für und mit Gott. Und er richtet sein Leben danach aus, was Gott wohlgefällig ist.

Eine solche Haltung kann natürlich dazu führen, dass die Karriere darunter leidet, weil es beispielsweise Dinge gibt, die im beruflichen Alltag nicht mehr mitgetragen werden können. Die Bandbreite reicht hierbei von Lästereien und schlüpfrigen Witzchen in der Kaffeeküche über „kreative Buchführung“ bis hin zur Umsetzung von politisch beeinflussten Entscheidungen, die gegen die in der Bibel zu findenden Aussagen zur Schöpfungsordnung verstoßen.

All das sollte für einen Nachfolger Jesu Christi tabu sein. Dafür ausgelacht und als Ewiggestriger verspottet oder gar als „Fundamentalist“ bezeichnet zu werden, kann die Folge sein. Und eben auch, sein berufliches Fortkommen zu behindern.

Klar: Es ist viel einfacher und bequemer, auf dem breiten Weg zu bleiben und einfach mitzumachen – so wie Pilatus.

Doch Jesus hat in der Bergpredigt hervorgehoben, dass beide Wege auf unterschiedliche Ziele zusteuern: Während am Ende des schmalen Weges die himmlische Ewigkeit ohne Ängste, Schmerzen und Tränen steht, führt der bequeme breite Weg in die ewige Verlorenheit.

Jeder Mensch wird eines dieser Ziele erreichen. Die Entscheidung für den schmalen Weg aber muss bewusst getroffen werden. Von Pilatus damals und von uns heute. Der Statthalter seinerzeit ist auf dem bequemen breiten Weg geblieben. Ich hoffe und bete, dass wir klüger sind.

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