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/ Bibel heute

Die Unmündigkeit der Korinther

Christian Hählke über 1. Korinther 3,1-4.

Und ich, Brüder und Schwestern, konnte nicht zu euch reden wie zu geistlichen Menschen, sondern wie zu fleischlichen, wie zu unmündigen Kindern in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie noch nicht vertragen. Auch jetzt könnt ihr’s noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich. Denn wenn Eifersucht und Zank unter euch sind, seid ihr da nicht fleischlich und lebt nach Menschenweise?[...]

1. Korinther 3,1–4

Ich möchte heute mit Ihnen einen Blick auf die erste Christenheit werfen. Dafür ist es immer hilfreich, die neutestamentlichen Briefe zu lesen. Unseren heutigen Bibelabschnitt könnte ich die Überschrift geben:

Die Gemeinde ist noch nicht reif

Doch zuerst denke ich an Situationen in Kirchengemeinden, die ich in meiner Zeit als Dekanatsjugendpfarrer mitbekam. Junge Mitarbeiter aus der Jugendarbeit beschwerten sich bei mir über den Frauenkreis in ihrer Gemeinde. Was war passiert? Nach dem Jugendtreff hatten alle das Gemeindehaus verlassen. Am nächsten Nachmittag war Frauenstunde in diesen Räumen. Die Frauen beschwerten sich beim Pfarrer, dass die Tische und Stühle nicht dastanden, wie sie es gewohnt waren. Die Tische waren hoch aufgestapelt. Doch anstatt mit den Jugendlichen zu reden, hatten sie sich beim Pfarrer über sie beschwert.

Und wie sah es damals zur Zeit des Paulus in den ersten Gemeinden aus? Paulus schreibt an die Christen in Korinth. Die Christen lebten in Korinth anscheinend in einer selbstsüchtigen Art. Davon ließen sie sich leiten. Auch viele Menschen in der Hafenstadt Korinth leben wohl so. Doch dass nun auch die Christen so leben, das gefällt dem Apostel Paulus überhaupt nicht. Und er hat den Mut, dieses in seinem Brief an die Gemeinde auch anzusprechen.

Warnung vor Selbstsucht

Nicht von ihrer selbstsüchtigen Natur sollen die Christen sich leiten lassen. Es sollte der Geist Gottes sein, der sie erfüllt und leitet, im Reden und Handeln, in Korinth genauso wie auch heute bei uns. Ich habe manchmal den Eindruck, dass auch heute oftmals das gesagt und getan wird, was uns unsere selbstsüchtige Natur vorgibt. Dabei sollte doch unser Reden und Handeln vom Geist Gottes bestimmt sein. Er sollte uns in alle Wahrheit leiten.

Hier denke ich auch an die großen Umbrüche, die es in der Vergangenheit in der Christenheit gegeben hat. Martin Luther z.B. hat sich geändert, als er vom Geist Gottes beseelt war. Nun hatte er die Kraft, damalige Missstände anzusprechen und vieles zur Veränderung anzustoßen.

Und auch Missstände in der Hitlerzeit erkannten damals etliche Christen. Doch nur wenige waren mutig genug, diese auch anzuprangern, denn das war ja damals lebensgefährlich. Martin Niemöller hat es dennoch gewagt. Und er kam dafür viele Jahre in Haft als persönlicher Gefangener von Hitler. Nach dem Krieg wurde er jedoch der erste Kirchenpräsident meiner Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Dietrich Bonhoeffer war auch einer, der von Geist Gottes beseelt war und damals mutig seine Stimme erhob. Er hat nicht überlebt. Er wurde kurz vor Kriegsende noch hingerichtet.

Und Paulus? Ich empfinde das, was er hier schreibt, als sehr mutig. Was für eine Uneinigkeit sieht er in der christlichen Gemeinde in Korinth? Einige Christen sagen: Ich gehöre zu Apollos. Die anderen sagen: Ich gehöre zu Paulus. Also, in Korinth gibt es zwei sich ausschließende Lager. Wie will da eine christliche Gemeinde lebendig sein, wenn in ihr nur Selbstsucht herrscht?

Aufruf zur Einigkeit

Wie hat Paulus versucht, hier einzugreifen? Er nimmt in seinem Brief einen Vergleich. Wenn ein Kind geboren wird, dann bekommt es zuerst Muttermilch. Es dauert, bis das Kind feste Nahrung zu sich nehmen kann. Mit der Muttermilch bekommt es sein Essen und Trinken. Später, wenn feste Nahrung dazukommt, ist das Stillen eine Zusatzernährung und dient der Mutter-Kind-Beziehung.

Wie also sollte eine Person bei Konflikten in christlichen Gemeinden eingreifen?

Zuerst gilt es einen Friedensstifter in der Gemeinde zu finden. Seine Aufgabe besteht darin, sich hineinversetzen und versuchen zu verstehen, was hier abgeht. Und dann gilt es, so zu fragen und zu helfen, dass auch Heilung von entstandenen Verletzungen möglich ist. Die Erkenntnis, die ich selbst evtl. schon habe, kann ich nicht einem anderen überstülpen. Ich frage also vorsichtig und helfe dadurch. Erst später, wenn eine Gemeinde oder auch Einzelne gereift sind, dann kann vielleicht mehr Klartext gesprochen werden.

Wer sind heute solche Menschen, die wie Paulus Durchblick haben und helfen können? Es können z. B. Gemeideleiter oder Coaches sein. Diener der Christenheit sollten sie sein mit einem Durchblick ähnlich wie Paulus ihn hatte.

 Was habe ich damals gemacht, als es in meiner Zeit als Dekanatsjugendpfarrer um den Streit zwischen der Jugendgruppe und der Frauengruppe ging? Ich machte den jungen Mitarbeitern bei unserem Treffen Mut, sich ab und zu in die Frauen hineinzuversetzen. Und sie sahen wirklich ein, dass die Tische wieder richtig aufgestellt werden sollten für die Veranstaltung am nächsten Tag.

Ich hoffe, dass ich durch meine Vermittlung ein Friedensstifter in der damaligen Situation war.

Auch in der bunten Christenschar bei uns in Deutschland mit den verschiedenen Kirchen und Freikirchen, wünsche ich mir möglichst wenig Streit. Doch zwischen den verschiedenen christlichen Gruppierungen und Kirchen in Deutschland gibt es auch hier und da Auseinandersetzungen und Spannungen.

Mir hilft in solchen Momenten ein Spruch, den ich mal gehört und mir dann aufgeschrieben habe:

„Die Konfessionen sind die verschiedenen Instrumente eines Orchesters.Jeder trägt seinen Ton und Klang dazu bei, dass heute Gottes Reich gebaut wird.“

Ich schließe mit einem Liedgedicht. 1990 hatte ich bei einer Tagung mitgemacht, bei der es um das Thema „Begegnung“ ging. Wir Referenten hatten uns damals mit einem Gedicht beschäftigt und versucht, eine Melodie dazu zu finden. Die Teilnehmer sollten erkennen, wie vielfältig ein Gedicht vertont werden kann, ohne eine der Vertonungen zu verwerfen. Hier der Liedtext, er ist mir im Gedächtnis geblieben:

R.: Wenn wir uns begegnen, wird Gott bei uns sein, unser Treffen segnen, wir sind nicht allein.

1. Miteinander sprechen, kein Gespräch abbrechen; aufeinander hören, Freundschaft nicht zerstören.

2. Miteinander streiten, trotz Gemeinsamkeiten; statt sich zu vertreiben, in der Liebe bleiben.
3. Miteinander leben und sich Schuld vergeben; fest zusammenhalten und die Zeit gestalten.
R.: Wenn wir uns begegnen, wird Gott bei uns sein, unser Treffen segnen, wir sind nicht allein.

Ihr Kommentar

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Kommentare (1)

Ulla S. /

Lieber Herr Hählke,
Ich fand ihren Beitrag heute morgen richtig gut , danke dafür und besonders für dass schöne Lied , ich schreibe es mir in mein Gebetsbuch ! Vielen lieben Dank!